Du hast eine Idee, die Dich nicht mehr loslässt, aber noch kein fertiges Produkt und keine Website? Perfekt. Denn bevor Du Zeit, Geld und Nerven in etwas investierst, das vielleicht später niemand haben will, brauchst Du manchmal nur eins: eine gut formulierte Email. Denn im Lean Startup gilt: Nicht bauen. Erst lernen. Und genau dafür ist die Email-Kampagne ein geniales Werkzeug. Besonders für Solo-Gründer wie Dich.
In diesem Artikel zeige ich Dir, wann sich eine Email-Kampagne als MVP lohnt, worauf Du achten solltest und welche nächsten Schritte wirklich sinnvoll sind, wenn Du erste Rückmeldungen bekommst.
Inhalt
Wann ist eine Email-Kampagne sinnvoll?
Eine Email-Kampagne ist immer dann besonders dann sinnvoll, wenn der Aufwand für die spätere Umsetzung Deines Produkts (sehr) hoch ist. Zum Beispiel bei der Entwicklung einer eigenen App, einem umfangreichen Online-Kurs oder einer Dienstleistung, die viel Zeit und Ressourcen bindet.
Statt sofort in die Umsetzung zu investieren, nutzt Du eine einfache Email (bzw. Email-Kampagne), um zuerst herauszufinden, ob überhaupt echtes Interesse bei Deiner Zielgruppe besteht.
Auf diese Weise vermeidest Du, Zeit und Energie in etwas zu stecken, das später niemand will. Gleichzeitig zwingt Dich eine gut formulierte Email dazu, Deine Value Proposition für Deine Abonnenten auf den Punkt zu bringen. Anhand der Reaktionen auf Deine Email kannst Du erkennen, ob und wie Du weitermachen solltest.
Die Email-Kampagne ist damit eines der schnellsten und günstigsten Minimum Viable Products in Deinem Lean-Startup-Werkzeugkoffer, die es gibt.
Beispiele für erfolgreiche Email-Kampagnen
Product Hunt
Ein eindrucksvolles Beispiel für eine Email-Kampagne, die erfolgreich als MVP eingesetzt wurde, ist Product Hunt. Heute ist Product Hunt eine Plattform, auf der täglich neue digitale Produkte vorgestellt und diskutiert werden.

Bevor Product Hunt jedoch zur bekannten Website mit Community und Voting-Funktion wurde, begann die Produktidee als einfache Email-Liste. Gründer Ryan Hoover verschickte täglich eine kuratierte Auswahl neuer Tools und Startups an eine kleine, interessierte Zielgruppe – ohne Landingpage, ohne App, ohne komplexe Technik. Die wachsende Öffnungsrate und das direkte Feedback seiner Abonnenten zeigten ihm jedoch schnell, dass es einen echten Bedarf für genau dieses kuratierte Entdecken von Innovationen gab.
Erst nachdem klar war, dass Interesse vorhanden war, entwickelte Hoover daraus die heute erfolgreiche Plattform.
Gitti
Ein weiteres Beispiel für eine erfolgreiche Email-Kampagne ist gitti. Das nachhaltige Beauty-Startup wurde 2018 von Jennifer Baum-Minkus in Berlin gegründet. Vor dem ersten Produktlaunch sammelte sie über 1.000 Email-Adressen von Interessierten. Diese Mailingliste spielte eine entscheidende Rolle beim erfolgreichen Start des Online-Shops im April 2019, der innerhalb weniger Tage einen Umsatz von 300.000 € erzielte.
Baum-Minkus baute zunächst eine engagierte Instagram-Community auf, in der sie ihre Follower aktiv in den Entwicklungsprozess einbezog und ihre Erfahrungen teilte. Diese Strategie führte dazu, dass etwa ein Viertel ihrer Follower sich für den späteren Newsletter anmeldeten, was den erfolgreichen Verkaufsstart unterstützte.
Vor- & Nachteile einer Email-Kampagne
Eine Email-Kampagne als MVP kann ein unglaublich wirkungsvoller Hebel sein – aber sie ist nicht in jedem Kontext die beste Lösung. Hier eine kompakte Übersicht, wann sie besonders hilfreich ist und wo ihre Grenzen liegen:
Vorteile
- Schnell und kostengünstig: Du brauchst keine Website und kein Produkt – nur Text und ein (guten) Verteiler.
- Direktes Feedback: Antworten auf Deine Emails zeigen Dir sofort, ob Dein Angebot Resonanz erzeugt oder nicht.
- Klarheit gewinnen: Du musst Deine Idee prägnant formulieren (besonders in der Betreffzeile). Das schärft Deinen Fokus.
- Test der Zielgruppe: Wer reagiert und wer nicht? Das gibt Dir erste Hinweise auf Dein Kundensegment.
- Hohe Anpassungsfähigkeit: Du kannst schnell iterieren und verschiedene Varianten testen.
Nachteile
- Begrenzte Reichweite: Du brauchst bereits Kontakte oder ein kleines Netzwerk als Startpunkt.
- Subjektives Feedback: Die Rückmeldungen kommen oft von Menschen, die Dich kennen. Das kann zu Verzerrungen führen.
- Keine echte Transaktion: Über eine Email kannst Du nichts verkaufen. Deshalb eignet sich die Email-Kampagne wirklich nur dazu, das Interesse Deiner Zielgruppe zu testen.
- Schwierig zu skalieren: Für eine größere Reichweite brauchst Du meistens zusätzliche Kanäle oder Automatisierung.
Darauf musst Du achten, wenn Du eine Email-Kampagne nutzen willst
Damit Deine Email-Kampagne wirklich als MVP funktioniert, kommt es auf ein paar zentrale Punkte an.

Inhalt & Tonalität
- Problem klar benennen: Starte mit einem echten Schmerzpunkt oder einer alltäglichen Hürde Deiner Zielgruppe.
- Nutzen auf den Punkt bringen: Was genau bekommen Leser Deiner Email-Kampagne, wenn sie sich anmelden?
- Natürlich schreiben: Kein Werbetext, sondern so, wie Du auch in einer Sprachnachricht sprechen würdest.
- Keine Ablenkung: Kein unnötiger Schnickschnack, kein Link-Chaos. Fokussiere Dich auf Deinen Call to Action.
Ziel & Haltung
- Lernen, nicht verkaufen: Eine Email-Kampagne ist keine Verkaufsaktion, sondern ein Lerninstrument. Es geht darum, positive Signale zu entdecken.
- Offen für jede Antwort: Auch ein „Nein“ oder Schweigen ist eine wertvolle Rückmeldung.
- Nicht zu früh bewerten: Starte mit kleinen Gruppen, teste mehrere Varianten. (Die erste Runde ist nie die finale.)
Technik & Setup
- Verteiler bewusst wählen: Wen schreibst Du an und warum? 20 relevante Kontakte sind hilfreicher als 200 irrelevante.
- Antwortweg einfach halten: Bitte um eine einfache Antwort, zum Beispiel „Antwort mit Ja“ oder „Klick auf diesen Link“.
- Timing beachten: Versende die Mail dann, wenn Deine Zielgruppe wahrscheinlich Zeit hat, sie zu lesen (beispielsweise Dienstagvormittag statt Freitagabend).
Weitere Schritte nach Deiner Email-Kampagne
Du hast erste Reaktionen und Antworten auf Deine Email-Kampagne bekommen? Super! Jetzt beginnt der spannendste Teil: Denn nun kannst Du aus den Rückmeldungen neue Erkenntnisse ziehen und Deine nächsten Schritte planen, die auf Deiner erfolgreichen Email-Kampagne aufbauen.
Nach einer erfolgreichen Email-Kampagne gehst Du also nicht daran, Deine Produktidee sofort in die Tat umzusetzen. Denn dafür ist die Email-Kampagne einfach nicht verlässlich und aussagekräftig genug.
Explorative Interviews
Führe kurze explorative Interviews mit den Menschen, die geantwortet haben und versuche, ihre Welt besser zu verstehen. Was genau hat sie angesprochen? Wo sehen sie den größten Nutzen?

Tatsächlich solltest Du auch versuchen, mit Menschen zu sprechen, die nicht auf Deine Emails reagiert oder sich sogar von Deiner Liste abgemeldet haben. Nichtkunden liefern Dir in der Regel viel wertvollere Erkenntnisse als Gespräche mit denen, die sich für Dein Angebot bereits begeistern konnten!
Landingpage mit Fake-Door-Test
Erstelle eine einfache Landingpage mit dem Kernversprechen aus Deiner Email-Kampagne und einem klaren Call to Action wie „Jetzt vormerken“, „Ich will das testen“ oder „Ich bin interessiert“, um einen Fake-Door-Test durchzuführen.
Mini-Angebote und Flyer
Wenn Du möchtest, kannst Du statt einer digitalen Landingpage auch auf analoge Medien wie einen Flyer zurückgreifen und die Reaktionen darauf testen. Bei einem Flyer solltest Du auch einen QR-Code darauf unterbringen, deren Aufrufe bzw. Scans Du natürlich wieder messen und auswerten kannst.
Warteliste, Vorverkauf & Crowdfunding
Ein weiterer sinnvoller Schritt nach Deiner Email-Kampagne kann auch eine Warteliste sein, in die sich Deine Email-Abonnenten eintragen können. Wenn Du schon einen Schritt weitergehen möchtest und das Feedback auf Deine Kampagne sehr positiv war, könntest Du auch einen Vorverkauf oder ein Crowdfunding starten.
Gerade Vorverkauf oder Crowdfunding ermöglichen es Dir, die Zahlungsbereitschaft Deiner Zielgruppe möglichst risikoarm zu testen.
Klickbarer Prototyp oder Mockup
Falls Du ein digitales Produkt planst (zum Beispiel eine App oder ein Softwaretool), kannst Du nach Deiner Email-Kampagne auch ein klickbares Mockup entwerfen, das Du mit Deinen Email-Abonnenten gemeinsam besprichst. Tools wie Figma oder Marvel helfen Dir, das ohne Programmierung umzusetzen.
Fazit
Eine Email-Kampagne ist vielleicht das unscheinbarste, aber oft wirkungsvollste MVP. Sie kostet Dich fast nichts, zwingt Dich zur Klarheit und liefert Dir schnelles Feedback zu Deiner Produktidee. Gerade als Solo-Gründer kannst Du damit testen, ob Deine Idee überhaupt Resonanz erzeugt, bevor Du Zeit, Energie oder Geld in die Umsetzung steckst.
Dennoch solltest Du nicht der Versuchung erliegen, nach einer erfolgreichen Email-Kampagne direkt mit der Umsetzung Deiner Idee zu beginnen. Überlege deshalb sorgfältig, welche weiteren MVPs Dir dabei helfen, die positiven Signale aus Deiner Kampagne weiter zu vertiefen.
Du planst eine Email-Kampagne, weißt aber noch nicht so richtig, wie Du dabei vorgehen solltest? Oder Du hast schon eine Kampagne durchgeführt, aber bist Dir unsicher, was Dein nächster sinnvoller Schritt sein könnte? Dann tritt der scamper.community bei und hol Dir Feedback von anderen Solo-Gründern in unserer Lean-Startup-Gruppe!