Kundensegmente mit Jobs to Be Done definieren
Kundensegmente (engl. Customer Segments) helfen Dir dabei, die Kundenzentrierung Deines Geschäftsmodells kontinuierlich zu verbessern. Beispielsweise unterstützen sie Dich dabei, einen besseren Problem Solution Fit zu erzielen oder Deine Customer Journey zu verbessern. Außerdem sind sie sehr hilfreich, wenn Du zwischen attraktiven und nicht-attraktiven Kunden unterscheiden möchtest, um dadurch das vielversprechendste Kundensegment für Dich zu ermitteln.
Allerdings solltest Du Dich bei der Definition Deines Kundensegments – genauso wie bei der Buyer Persona – nicht von den allseits beliebten soziodemografischen Merkmalen leiten lassen. Viel hilfreicher ist es, wenn Du Kundensegmente anhand des wichtigsten Jobs to Be Done Deiner Kunden definierst und daraus die wichtigsten, gemeinsamen Merkmale Deines Kundensegments herleiten bzw. erkennen kannst.
Wie das geht, erfährst Du in diesem Blogartikel.
Inhaltsverzeichnis
Vorteile von Kundensegmenten
Auch wenn die Erstellung & Definition eines klar definierten Kundensegments zugegebenermaßen viel Aufwand für Dich bedeutet, solltest Du auf keinen Fall darauf verzichten, Dir ein präzises Bild von Deiner Zielgruppe zu machen. Denn klare Kundensegmente bieten Dir eine ganze Reihe von Vorteilen:
Besserer Problem Solution Fit
Der wohl wichtigste Aspekt, warum es sich für Dich lohnt, Deine Kunden genau zu kennen, ist natürlich der, dass Du dadurch Produkte & Services entwickeln kannst, die genau zu Deiner Zielgruppe passen. In der Praxis nennt sich dieser Zustand auch Problem Solution Fit.
Je besser Du Dein Kundensegment kennst, desto leichter fällt es Dir, Deinem Produkt Features zu verleihen, die Deinen Kunden dabei helfen, ihre Probleme & Herausforderungen zu lösen.
Optimierung der Customer Journey
Zweitens kannst Du durch klar definierte Kundensegmente die Customer Journey präzise auf Deine Zielgruppe abstimmen. Je besser Du Deine Kunden kennst, desto einfacher kannst Du entscheiden, welche Touchpoints relevant sind und welche nicht.
Attraktive vs. nicht-attraktive Kunden
Drittens bist Du mit Hilfe von Kundensegmenten in der Lage, zwischen attraktiven und nicht-attraktiven Kundensegmenten zu unterscheiden. Auf diese Weise kannst Du Dein Produkt für die lukrativste Kundengruppe optimieren und versuchst nicht “mit der Gießkanne” allen potenziellen Käufern gerecht zu werden. (Gerade dann, wenn Du nur ein kleines Budget hast, kann die Auswahl des richtigen Kundensegments essenziell für Dich sein.)
Stärkere Kundenbeziehungen
Letztlich führen die oben genannten Punkte auch zu stärkeren Kundenbeziehungen und einer längeren Kundenbindung. Auch dieser Aspekt macht für Dich betriebswirtschaftlich sehr viel Sinn, weil er den sogenannten Customer Lifetime Value steigert. Je länger Dir ein Kunde treu bleibt, desto mehr Einnahmen wirst Du durch ihn generieren können, ohne dass Du dabei so viel Aufwand investieren musst wie bei der Neukundenakquise.
Kundensegmente definieren
Ein Kundensegment ist eine Gruppe von Menschen, die bestimmte gemeinsame Merkmale haben. Diese Merkmale unterscheiden ein Customer Segment gleichzeitig von anderen Kunden bzw. Kundensegmenten, die diese Merkmale nicht haben.
Alle Menschen in einem Kundensegment bilden also eine homogene Gruppe und sind sich möglichst ähnlich. Üblicherweise werden zur Definition von Kundensegmenten soziodemografische, geografische und psychografische Merkmale genutzt. (Allerdings ist dieses Vorgehen problematisch, worauf ich weiter unten eingehen werde.)
Soziodemografische Merkmale
Eine Kategorie, um Dein Kundensegment besser zu verstehen, sind die sogenannten soziodemografischen Merkmale. Hierzu gehörten Alter, Geschlecht, Bildungstand, Migrationshintergrund & ethnische Zugehörigkeit, Religion, Familienstand, Haushalt, Beschäftigung oder Einkommen.
Geografische Merkmale
Auch geografische Merkmale können eine wichtige Rolle für Dein Kundensegment spielen. Das gilt natürlich ganz besonders dann, wenn Du selbst planst, einen lokalen Service anzubieten oder sogar ein Ladengeschäft zu betreiben.
Aber selbst für digitale Produkte können geografische Merkmale wichtig sein. Das beginnt schon damit, dass Du entscheiden musst, in welcher Sprache die Blogbeiträge Deiner Webseite verfasst sind.
Psychografische Merkmale
Psychografische Merkmale umfassen Informationen wie zum Beispiel Aktivitäten & Interessen, Meinungen & Ansichten, Lebensstil oder Werte bis hin zu Persönlichkeit und sozialem Status.
Merkmale von Kundensegmenten mit JTBD bewerten
Auf den ersten Blick mag es durchaus logisch und nachvollziehbar sein, Kundesegmente mit Hilfe der oben genannten Merkmale zu definieren. Jedoch sind alle drei oben genannten Kategorien vollkommen nutzlos für Dich, wenn Du nicht weißt, worum es Deinem Kundensegment im Kern geht und welches Ergebnis bzw. Outcome sie dabei anstreben.
Es hilft Dir beispielsweise überhaupt nicht, Deine Zielgruppe einfach als “12- bis 15-jährige Jungen” zu definieren, wenn Dein Kundensegment (potenziell) auch einen Querschnitt über viele verschiedene Altersgruppen hinweg abbilden könnte und die Gemeinsamkeiten dieser Menschen völlig woanders liegen.
Nur weil Du eine Gruppe identifiziert bzw. selbst definiert hast, die hinsichtlich Alter, Geschlecht, Familie, Bildung oder anderer Merkmale homogen ist, hast Du noch lange kein sinnvolles Kundensegment.
Um wirklich bewerten zu können, ob bestimmte Merkmale für Dein Kundensegment relevant sind, musst Du sowohl den Main Job to Be Done als auch den wichtigsten Customer Gain Deines Kundensegments kennen. Erst danach können Dir soziodemografische, geografische oder psychografische Merkmale wirklich weiterhelfen.
Was ist ein “Main Job to Be Done”?
Die erste Frage, die Du beantworten können musst, um ein wirklich hilfreiches Kundensegment zu definieren, ist die Frage nach dem wichtigsten Job to Be Done, bei dem Du Deiner Zielgruppe helfen möchtest. (Ich nenne diesen wichtigsten JTBD auch den Main Job oder Main JTBD.)
- Was ist die Hauptaufgabe, bei der Du Deinem Kundensegment bzw. Deiner Zielgruppe helfen möchtest?
- Worum geht es diesen Menschen im Kern?
(Natürlich existieren neben dem Main JTBD noch viele weitere Jobs to Be Done. Aber all diese weiteren JTBD zielen letztlich darauf ab, den Main Job zu unterstützen.)
Was ist ein “Customer Gain”?
Die zweite Frage, die Du beantworten musst, wenn Du ein wirklich hilfreiches Kundensegment definieren möchtest, ist: Wann sagen die Menschen dieses Kundensegments, dass ihr Main Job erfolgreich erledigt wurde?
Bei dieser Frage geht es um den sogenannten Customer Gain, der mit dem Main Job erreicht werden soll: Was ist für Dein Kundensegment das engstrebte Ergebnis (der “Outcome”), wenn sie ihren Main Job durchführen?
Beispiel
Was jetzt auf den ersten Blick vielleicht etwas kompliziert klingt, ist im Grunde ziemlich simpel. Deshalb möchte ich Dir das Prinzip kurz am Beispiel von scamper illustrieren:
- Das (wichtigste) Kundensegment von scamper sind Solo-Selbstständige & Gründer.
- Der Main JTBD (bei dem diese Plattform das Kundensegment unterstützt) lautet: Geschäftsmodelle entwickeln und Austausch (mit anderen Solo-Selbstständigen und Gründern).
- Der wichtigste Customer Gain, den die Zielgruppe dabei erreichen will, ist: Kundenzentrierung maximieren.
Übersichtlich als Tabelle sieht das Ganze folgendermaßen aus:
Kundensegment | Main JTBD | Wichtigster Customer Gain |
---|---|---|
Solo-Selbständige & Gründer | Geschäftsmodelle entwickeln & Austausch | Kundenzentrierung maximieren |
Relevante Merkmale als Clarifier festhalten
Erst dann, wenn Du sowohl den Main JTBD als auch den (damit zusammenhängenden) wichtigsten Customer Gain definiert bzw. gefunden hast, helfen Dir die oben genannten soziodemografischen, geografischen oder psychografischen Merkmale wirklich weiter.
Denn nun bist Du in der Lage zu entscheiden, ob diese Merkmale Deines Kundensegments für die Durchführung des Main JTBD bzw. die Erreichung des Customer Gains relevant sind. Falls das der Fall sein sollte, kannst Du aus den Merkmalen Deines Kundensegments Clarifier ableiten. (Die Clarifier grenzen Dein Kundensegment also weiter ein und verdeutlichen Besonderheiten anhand wichtiger bzw. relevanter Merkmale.)
Beispiel
Wenn es darum geht, das eigene Geschäftsmodell weiterzuentwickeln und an der Kundenzentrierung zu arbeiten, bedeutet das für Solo-Selbstständige, dass sie dafür nur ein geringes Budget zur Verfügung haben. (Teure Fortbildungen oder gar eine individuelle Beratung bzw. Coaching sind für dieses Kundensegment also eher unattraktiv.) Gleichzeitig ist das Gender Pay Gap bei Selbstständigen noch einmal deutlich größer ist als bei Angestellten.
Und obwohl Letzteres natürlich für selbstständige Frauen sehr viele Nachteile, Herausforderungen und Probleme mit sich bringt, spielt dieses demografische Merkmal (weiblich vs. männlich) hinsichtlich des Main Jobs bzw. Customer Gains (Geschäftsmodell entwickeln bzw. Kundenzentrierung maximieren) keine wichtige Rolle.
Anders ist das natürlich, wenn Du Solo-Selbstständigen dabei helfen möchtest, für das Alter vorzusorgen (Main Job), um das Risiko von Altersarmut zu senken (Customer Gain). Denn hier sind solo-selbstständige Frauen in einer vollkommen anderen (und extrem benachteiligten) Situation als Männer.
Wie Du in der folgenden Tabelle siehst, verändert sich die Relevanz von bestimmten Merkmalen Deines Kundensegments je nach Main JTBD und Customer Gain, obwohl das Kundensegment identisch bleibt. Während es im ersten Fall irrelevant ist, ob Solo-Selbstständige männlich oder weiblich sind, hat es im zweiten Fall eine ganz zentrale Bedeutung, weil Frauen gegenüber Männern stark benachteiligt sind.
Kundensegment | Main JTBD | Wichtigster Customer Gain | Clarifier (Relevante Merkmale) |
---|---|---|---|
Solo-Selbständige & Gründer | Geschäftsmodelle entwickeln | Kundenzentrierung maximieren | Geringes Einkommen/Budget |
Solo-Selbständige & Gründer | Für das Alter vorsorgen | Risiko von Altersarmut senken | Frauen liegen 44 % (!) unter dem Durchschnittseinkommen von Männern Frauen können 9 Stunden weniger arbeiten (Vereinbarkeit von Familie und Beruf) |
Fazit zu Kundensegmenten
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass soziodemografische, geografische und psychografische Merkmale wichtig sind, um Dein Kundensegment klarer zu beschreiben und Besonderheiten kenntlich zu machen. Allerdings solltest Du Dich nicht dabei von ihnen (ver-)leiten lassen, Dein Kundensegment zu definieren.
Vielmehr musst Du Dir zunächst über die Hauptaufgabe (Main Job) und das angestrebte Ergebnis (Customer Gain) klar werden, bei dem Du Deinem Kundensegment helfen möchtest. Denn erst dann kannst Du erkennen, welche Merkmale diese Zielgruppe miteinander teilt.
Wie steht’s bei Dir? Nutzt Du Kundensegmente, um ein klareres Bild von Deiner Zielgruppe zu erreichen? Oder ist das eine Methode, die Du bisher noch gar nicht in Betracht gezogen hast? Wie hilfreich findest Du die Vorgehensweise, Kundensegmente nicht über (soziodemografische) Merkmale, sondern mit Hilfe von JTBD zu definieren?
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