
Ambidextrie – gleichzeitig effizient & innovativ!
Als Solopreneur musst Du nicht nur Dein Tagesgeschäft effizient meistern, sondern auch neue Chancen erkennen und Dein Business an Veränderungen anpassen – eine Fähigkeit, die auch als organisationale Ambidextrie bekannt ist. In diesem Artikel erfährst Du, warum diese Balance zwischen Effizienz und Innovation für Deinen Erfolg entscheidend ist und wie Du sie praktisch umsetzen kannst.
Inhaltsverzeichnis
Was ist organisationale Ambidextrie?
Wenn Du mit Deiner Solo-Selbständigkeit langfristig erfolgreich bleiben willst, musst Du Dich zwangsläufig mit zwei sehr unterschiedlichen Themenbereichen beschäftigen:
Einerseits musst Du Dein Tagesgeschäft gut im Griff haben und dafür sorgen, dass alles möglichst effizient läuft. Andererseits musst Du Dich jedoch auch mit Veränderungen in Deinem Markt beschäftigen, um nicht den Anschluss zu verlieren. (Beispielsweise musst Du neue Trends beobachten, veränderte Kundenbedürfnisse frühzeitig erkennen und dergleichen mehr.)
Es reicht also nicht aus, lediglich Dein Kerngeschäft zu optimieren, sondern Du musst gleichzeitig Zeit und Energie darauf verwenden, veränderte Marktbedingungen zu antizipieren und Dein Business darauf einzustellen.
Diese Fähigkeit nennt sich organisationale Ambidextrie – sozusagen unternehmerische Beidhändigkeit.
Exploration vs. Exploitation

Das oben erwähnte Spannungsfeld, das Du als Solopreneur durch organisationale Ambidextrie bewältigen musst, wird häufig auch mit den beiden Begriffen Exploration und Exploitation beschrieben.
- Exploration steht dabei für die Suche nach neuen innovativen Geschäftsideen, die die zukünftige Existenz Deines Business sichern sollen.
- Exploitation hingegen bedeutet so viel wie Ausbeutung und fokussiert sich auf die Optimierung (und den Schutz) Deines aktuellen Geschäftsmodells.
Effizienz im Tagesgeschäft (Exploitation)
Exploitation steht bei den allermeisten Solopreneuren im absoluten Fokus. Hier dreht sich alles darum, Deine bestehenden Produkte oder Services immer weiter zu optimieren, um stabile Einnahmen zu erzielen. Hierbei geht es um Themen wie:
- Prozesse und Abläufe automatisieren oder sogar auslagern (zum Beispiel Buchhaltung, Marketing etc.)
- Wiederkehrende Aufgaben optimieren (z. B. Angebote erstellen, Bloggen, Aktivitäten auf Social Media etc.)
- Bestandskunden pflegen
Innovation und Wachstum (Exploration)
Wenn es jedoch um Exploration – also Innovation und Wachstum – geht, dann ist die Aufmerksamkeit der meisten Solo-Gründer schon deutlich geringer. Die wenigsten von ihnen kümmern sich um Themen wie:
- Neue Produkt- und Geschäftsideen entwickeln und schnell validieren
- Marktforschung betreiben und Trends analysieren
- Veränderte Kundenbedarfe erforschen
Weitere Unterschiede zwischen Exploration und Exploitation
Exploration | Aspekte | Exploitation |
---|---|---|
„Suche“ und „Durchbruch“ | Fokus | Effizienz und Wachstum |
Große Ungewissheit | Gewissheit | Geringe Ungewissheit |
Risiko- & Wagniskapital | Finanzielle Aspekte | Stetiger Geldzufluss |
Agile Methoden wie zum Beispiel Design Thinking | Vorgehensweise | Lineare Innovation, Vorhersagbarkeit & Planung |
Unvermeidbare Irrtümer | Fehlerkultur | Vermeidbare Fehler |
Herausforderungen für Solo-Gründer
Für Dich als Solopreneur bringt organisationale Ambidextrie besondere Herausforderungen mit sich. (Ganz besonders im Vergleich zu größeren Organisationen oder sogar Konzernen).
Erstens kannst Du keine einzelnen Teams oder sogar ganze Abteilungen damit beauftragen, sich um Innovation zu kümmern, während Du Dich ganz auf Dein Tagesgeschäft konzentrierst. Deine Zeit ist begrenzt und Du musst sie Dir genau einteilen. Für Solo-Gründer wie Dich bedeutet jede Stunde, die sie nicht direkt in ihr Business investieren, Umsatzeinbußen.
Zweitens fehlen Solopreneuren auch für den kreativen Austausch oft die passenden Teamkollegen. Dadurch wird es oft schwierig, die notwendige Perspektivenvielfalt zu erzielen, wenn es beispielsweise darum geht, neue Ideen zu entwickeln.
Drittens kommt hinzu, dass Exploration vollkommen andere Fähigkeiten (und ein anderes Mindset) benötigt als Exploitation. Als Solopreneur musst Du jedoch beides gleich gut können bzw. zwischen beiden Haltungen hin- und herwechseln, wenn es die Situation erfordert.
Tipps für mehr Ambidextrie in Deinem Gründeralltag
Allerdings musst Du an dieser Stelle nicht den Kopf in den Sand stecken! Es gibt einige Möglichkeiten, organisationale Ambidextrie auch als Solo-Gründer umzusetzen.

Exploration muss nicht zeitaufwändig sein
Zunächst einmal musst Du Exploration nicht zwangsläufig genauso intensiv betreiben wie Exploitation. Ambidextrie bedeutet nämlich nicht, dass Du beides im gleichen Verhältnis – also fifty-fifty – umsetzt.
Nutze die 20-Prozent-Regel
Eine Möglichkeit, Innovation und Deiner Kreativität mehr Freiraum zu geben, ist zum Beispiel die 20-Prozent-Regel, die ursprünglich von der Firma 3M erfunden wurde und später durch Google populär gemacht wurde.
Reserviere Dir feste Zeiten in Deinem Terminkalender, in denen Du Dich mit Dingen beschäftigst, die keinen unmittelbaren Bezug zu Deinem Tagesgeschäft haben.
Kleinvieh macht auch Mist
Außerdem bedeutet Exploration nicht, dass Du immer umfangreiche Experimente durchführst, die Dich nur von der Arbeit abhalten. Ein Kundeninterview, um eine Buyer Persona zu erstellen, dauert gerade einmal 30 Minuten. (Okay, eine halbe Stunden Nachbereitung solltest Du auch mit einplanen.)

Es existieren sehr viele einfache Experimente, die Du nutzen kannst, um potenzielle Produktideen zu überprüfen. Beispielsweise kannst Du eine Online-Werbung für ein Produkt schalten, das noch gar nicht existiert und dabei messen, wie gut diese Online-Anzeigen funktionieren. Sollte jemand auf die Anzeige klicken, leitest Du den Besucher auf eine einfache Landingpage weiter, auf der Du weitere Informationen bereit stellst.
Nutze viele kleine, einfache und kostengünstige Experimente, um Deine Ideen zu testen, bevor Du mehr Zeit in sie investierst.
Skalierung hilft Dir, Deine Effizienz zu steigern
Wenn es Dir gar nicht gelingen will, Freiräume für solche Experimente zu schaffen, solltest Du darüber nachdenken, Dein gesamtes Geschäftsmodell zu hinterfragen. Problematisch wird es immer dann, wenn Du Deine Zeit gegen Geld verkaufst. Denn dadurch bedeutet weniger Zeit auch automatisch weniger Geld.
Es gibt jedoch durchaus Möglichkeiten für Dich, aus diesem Teufelskreis zu entkommen, wenn Du Produkte oder Dienstleistungen entwickelst, die skalieren. Das heißt, Du erschaffst Dein Produkt nur ein einziges Mal und dafür kann es unendlich oft wiederverwendet bzw. genutzt werden.
Wenn Du zum Beispiel Fremdsprachen unterrichtest und Dein Geld damit verdienst, dass Kunden Unterrichtszeit bei Dir buchen, könntest Du Dein Know-how über einen Onlinekurs oder eine App zur Verfügung stellen, den Kunden kaufen können.
Nutze Netzwerke und Mastermind-Gruppen
Drittens solltest Du auch als Solopreneur den regelmäßigen Austausch mit anderen suchen. Das gilt ganz besonders dann, wenn Du Ideen für neue Produkte oder Geschäftsmodelle entwickeln möchtest!

Denn nur weil Du alleine gründest und Solopreneur bist, heißt das nicht, dass Du immer alles alleine machen musst. Denke auch darüber nach, Dich mit einer Mastermind-Gruppe zu vernetzen.
Schau auch gerne in den Gruppen auf scamper vorbei, ob es dort Netzwerke gibt, die sich mit für Dich relevanten Themen beschäftigen.
Tools, die Dir helfen, Ambidextrie zu erlernen
Es gibt einige Tools & Methoden, die Dich als Sologründer dabei unterstützen, organisationale Ambidextrie zu erlernen. Einige davon möchte ich Dir hier kurz vorstellen.
Business Model Environment Map
Die Business Model Environment Map ist ein Tool von Alexander Osterwalder, mit dessen Hilfe Du Schlüsseltrends, Marktkräfte, Makroökonomische und Branchenkräfte bewerten kannst. Das Canvas hilft Dir vor allem dabei, das komplette Umfeld Deines aktuellen Geschäftsmodells zu visualisieren und zu bewerten.

Portfolio Map
Die Portfolio Map ist eigens für den Zweck gedacht, sowohl Dein Exploration- als auch Dein Exploitation-Portfolio besser zu verstehen. Dadurch ist sie besonders gut geeignet, organisationale Ambidextrie zu erlernen, weil Du unmittelbar erkennst, wo Du aktuell Deine Schwerpunkte setzt und welche Bereiche Du vernachlässigst.

Ecocycle Planning
Das Ecocycle Planning aus den Liberating Structures ist der Portfolio Map recht ähnlich, allerdings werden mit damit vor allem Tätigkeiten statt Geschäftsmodelle visualisiert.
Auch dadurch kannst Du organisationale Ambidextrie zu erlernen, weil Du erkennst, welche Tätigkeiten Deines Tagesgeschäfts Dich strategisch voranbringen und welche nicht.

McKinseys 3-Horizonte-Modell
Das 3-Horizonte-Modell von McKinsey ist das letzte Tool, das ich Dir hier vorstellen möchte. Mit diesem Modell kannst Du zwischen Hier & Jetzt (Horizon 1), naher Zukunft (Horizon 2) und ferner Zukunft (Horizont 3) unterscheiden und erkennen, ob Du wirklich auf allen 3 Horizonten aktiv bist.
Einen guten ersten Einstieg dazu findest Du auf der Seite von McKinsey im Artikel Enduring ideas: the three horizons of growth.
Fazit zur organisationalen Ambidextrie
Organisationale Ambidextrie ist für Dich also Solopreneur kein Nice-to-have, sondern eine Notwendigkeit, damit Du langfristig erfolgreich bleibst. Der Schlüssel liegt darin, ein Gleichgewicht zwischen Effizienz und Innovation zu finden – auch wenn das manchmal herausfordernd erscheint.
Mit klaren Prioritäten, kleinen, gut durchdachten Experimenten und dem richtigen Netzwerk kannst Du Exploration und Exploitation in Deinem Arbeitsalltag erfolgreich integrieren. Und denk daran: Auch als Solopreneur musst Du nicht alles alleine machen – die besten Ideen entstehen oft im Austausch mit anderen.
Kommentare