
Mit dem Minimum Viable Product den Markt testen
Das Minimum Viable Product (MVP) ist ein zentraler Baustein im Lean Startup. Dabei handelt es sich um die kleinstmögliche Version eines Produkts, die es dir ermöglicht, echtes Kundenfeedback zu sammeln, ohne gleich die komplette Lösung zu bauen. Es hilft Dir, Risiken zu minimieren, Annahmen zu testen und herauszufinden, ob Deine Geschäftsidee auf echte Nachfrage trifft.
In diesem Artikel erfährst Du, was ein MVP wirklich ist (und was nicht), welche Arten von MVP es gibt und wie erfolgreiche Startups wie Dropbox, Spotify und Airbnb mit einem cleveren MVP begonnen haben. Außerdem zeige ich Dir die häufigsten Fehler – und wie Du sie vermeidest.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Was ist ein Minimum Viable Product?
- 2 MVP vs. Prototyp vs. Proof of Concept
- 3 Vorteile eines Minimum Viable Products
- 4 Beispiele erfolgreicher Startups, die ein MVP genutzt haben
- 5 Methoden, die Du für ein MVP nutzen kannst
- 6 Der richtige MPV-Ansatz für Dein Business-Modell
- 7 Die größten Fehler beim Einsatz eines Minimum Viable Products
- 8 Fazit
Was ist ein Minimum Viable Product?
Ein Minimum Viable Product (MVP) ist die kleinstmögliche Version Deines Produkts, die mit minimalem Aufwand gebaut wird, um echtes Kundenfeedback zu sammeln. Es enthält nur die essenziellen Funktionen, um das Problem Deiner Zielgruppe zu lösen, und ermöglicht schnelles Lernen mit möglichst geringem Risiko.
Der Begriff MVP stammt aus der Lean-Startup-Methode, die von Eric Ries geprägt wurde. Lean Startup basiert auf einem Build-Measure-Learn-Zyklus, bei dem Gründer Hypothesen testen, Daten aus echten Nutzertests sammeln und ihre Idee iterativ verbessern. Statt lange im Verborgenen zu entwickeln, wird ein MVP früh veröffentlicht, um zu prüfen, ob es eine echte Nachfrage gibt – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum Product Market Fit.
MVP vs. Prototyp vs. Proof of Concept
In der Praxis wird das Minimum Viable Product gerne mit einem Prototypen oder sogar dem Proof of Concept in einen Topf geschmissen. (Und zugegebenermaßen sind die Grenzen in der Praxis nicht immer so ganz eindeutig zu ziehen.)
Es gibt allerdings einige grundlegende Unterschiede zwischen diesen 3 Konzepten, die ich Dir hier in einer Tabelle kurz zusammengefasst habe.
Konzept | Zweck | Nutzer | Umfang | Framework | Fit-Level | Beispiel |
---|---|---|---|---|---|---|
Proof of Concept (PoC) | Technische oder konzeptionelle Machbarkeit | Intern (Team, Investoren, Stakeholder) | Sehr klein, oft nur eine Kernfunktion | Kein spezifisches Framework, oft bei F&E-Prozessen genutzt | Vor dem Problem-Solution Fit | Ein Software-Entwickler testet, ob ein KI-Algorithmus für Bilderkennung funktioniert |
Prototyp | Testet Design, User Experience (UX) oder Funktionalität | Interne Tests, Fokusgruppen | Mittel – ein erster Entwurf, aber oft nicht funktionsfähig | Design Thinking | Problem Solution Fit | Ein klickbares Figma-Wireframe für eine neue App |
Minimum Viable Product (MVP) | Testet Marktnachfrage & Nutzerverhalten | Echte Kunden (Early Adopters) | Klein, aber funktionsfähig – die kleinstmögliche Version des Produkts | Lean Startup | Product Market Fit | Eine simple App mit einer Kernfunktion, um echtes Kundenfeedback zu erhalten |
Mehr über die Unterschiede zwischen den 3 Konzepten erfährst Du in diesem Beitrag.
Vorteile eines Minimum Viable Products
Ein Minimum Viable Product bietet Dir als Solopreneur eine Reihe von Vorteilen:
- Du bist in der Lage, Zeit, Geld und Aufwand zu sparen, weil Du Dich mit einem MVP auf das Wesentliche fokussierst.
- Du minimierst das Risiko, die falschen Dinge zu tun.
- Du erhältst frühes Feedback, was Dir ermöglicht, Deinen eingeschlagenen Kurs zu korrigieren
Beispiele erfolgreicher Startups, die ein MVP genutzt haben
Viele erfolgreiche Unternehmen starteten nicht mit einem perfekt ausgereiften Produkt, sondern mit einem Minimum Viable Product, um die Marktreaktion zu testen. Drei von ihnen sind Dropbox, Spotify und Airbnb.
Dropbox (Erklärvideo)

Vor Dropbox war das Speichern und Synchronisieren von Dateien zwischen verschiedenen Geräten kompliziert. Die meisten Lösungen waren umständlich oder erforderten manuelle Uploads. (Oft schickte man sich eine Datei auch per Email auf einen anderen Rechner.)
MVP-Ansatz
Anstatt eine aufwändige Software zu entwickeln, erstellte Dropbox-Gründer Drew Houston ein einfaches Erklärvideo, das zeigte, wie die Software funktionieren würde.
Ergebnisse
- Innerhalb weniger Tage sprang die Anzahl der Wartelisten-Anmeldungen von 5.000 auf über 75.000.
- Der enorme Zuspruch bestätigte die Nachfrage und verhinderte, dass das Team Monate in eine Lösung investierte, die niemand wollte.
- Erst danach begann die eigentliche Software-Entwicklung.
Lektion für Dich
Teste, bevor Du entwickelst! Ein Erklärvideo oder eine Landingpage kann bereits zeigen, ob Interesse besteht – lange vor der eigentlichen Umsetzung.
Spotify (Single-Feature-App)

Vor Spotify war Musik-Streaming entweder illegal (Napster, Limewire) oder unpraktisch (iTunes verlangte Einzelkäufe). Es gab noch kein Modell für unbegrenztes, legales Streaming.
MVP-Ansatz
Spotify startete mit einer Minimal-Version der App, die nur in Schweden verfügbar war. Der MVP bot nur eine einzige Funktion: On-Demand-Musik-Streaming mit einer schnellen Suchfunktion.
Ergebnisse
- Statt sich auf ein komplexes Produkt mit Playlists, Algorithmen und Social Features zu konzentrieren, testete Spotify zunächst nur die Kernhypothese: „Wollen Nutzer Musik sofort streamen können, ohne sie zu besitzen?“
- Die ersten Nutzer liebten es – und Spotify skalierte schrittweise mit neuen Features und Lizenzen.
Lektion für Dich
Starte mit der Kernfunktion! Dein Minimum Viable Product muss nicht alle Features enthalten – es reicht die eine Hauptfunktion, die das Problem Deiner Nutzer löst.
Airbnb (Eigene Wohnung als Testmarkt)

Hotels sind oft sehr teuer und viele Reisende suchen günstigere Alternativen. Gleichzeitig stehen viele Wohnungen leer, wenn die Besitzer nicht da sind.
MVP-Ansatz
Die Airbnb-Gründer Brian Chesky und Joe Gebbia hatten kein Budget für eine große Plattform. Also starteten sie einfach mit ihrer eigenen Wohnung in San Francisco. Sie erstellten eine einfache Website mit Bildern, auf der sie ihre Unterkunft zur Kurzzeitmiete anboten.
Ergebnisse
- Die ersten Gäste waren Teilnehmer einer Design-Konferenz, die keine Hotelzimmer mehr bekamen.
- Sie zahlten direkt an die Gründer – so konnte Airbnb testen, ob Menschen bereit wären, in einer fremden Wohnung zu übernachten.
- Erst nach den ersten positiven Erfahrungen entwickelten sie die eigentliche Plattform für andere Gastgeber.
Lektion für Dich
Teste deine Idee mit minimalem Aufwand! Du brauchst nicht sofort eine große Plattform – manchmal reicht eine einfache Website oder ein persönlicher Testlauf.
Methoden, die Du für ein MVP nutzen kannst
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, ein Minimum Viable Product einzusetzen. Nicht immer muss es dabei ein bereits einsetzbares Produkt sein, dass schon technisch funktioniert. Ganz im Gegenteil! Wie die obigen Beispiele zeigen, ist es bei hohem technischen Aufwand (bei der späteren Umsetzung) sogar sehr sinnvoll, zunächst zu validieren, ob Dein Produkt wirklich einen Nutzen stiftet bzw. ob es dafür einen echten Markt gibt.
Hier ein paar Beispiele für mögliche Minimum Viable Products:
Landingpage
Mit Hilfe einer Landingpage für Deine Produkt- bzw. Geschäftsidee kannst Du zum Beispiel überprüfen, ob sich genügend Interessenten dafür finden. So könntest Du einen Registrieren-Button einbinden oder sogar einen Email-Newsletter, in dem Du diese Interessenten über weitere Schritte bei der Produktentwicklung auf dem Laufen halten wirst. An der Zahl der Registrierungen bzw. Newsletter-Abonnenten kannst Du überprüfen, ob Deine Idee für Deine Zielgruppe einen Nutzen verspricht.
Crowdfunding
Auch Crowdfunding über Plattformen wie Kickstarter oder Startnext können Dir dabei helfen, Deine Nutzenhypothese zu bestätigen. Falls sich genügend Supporter zusammenfinden, hast Du nicht nur einen Beweis für den Nutzen Deiner Idee, sondern gleichzeitig genügend Startkapital, um an die Umsetzung zu gehen.

Concierge MVP
Beim Concierge MVP wird der Service manuell statt automatisiert angeboten. Anstatt direkt eine komplexe App zu entwickeln, übernimmst Du anfangs selbst die Hauptaufgabe. Wenn Du zum Beispiel überprüfen willst, ob Deine Zielgruppe sich für individualisierte Fitness-Pläne interessiert, erstellst Du diese zunächst manuell statt direkt eine App dafür zu entwickeln. Dazu reicht schon ein Formular auf Deiner Webseite mit den wichtigsten Fragen und eine Antwort per Email.
Wizard of Oz
Wirzard of Oz funktioniert im Grunde genauso wie das Concierge MPV. Allerdings wissen Deine Kunden hier nicht, dass im Hintergrund alle Aktivitäten noch manuell durchgeführt werden.
Der richtige MPV-Ansatz für Dein Business-Modell
Je nachdem, welches Geschäftsmodell Du verfolgst, können ganz unterschiedliche Ansätze, die ich oben genannte habe, sinnvoll sein. Deshalb solltest Du überlegen, ob Du eine Dienstleistung, ein digitales Produkt oder sogar ein physisches Produkt entwickeln möchtest.
Dienstleistungsbasierte Geschäftsmodelle
Falls Du den Product Market Fit einer Dienstleistung mit Hilfe eines Minimum Viable Products überprüfen möchtest, bietet sich besonders ein Concierge MVP an. Denn die allermeisten Dienstleistungen kannst Du manuell durchführen, um herauszufinden, ob Deine Zielgruppe sich wirklich dafür interessiert.
Wenn Du zum Beispiel Ernährungs-Coach bist und Dir eine App vorschwebt, die Deiner Zielgruppe dabei hilft, sich besser zu ernähren, kannst Du Deine Ernährungspläne auch zunächst per Google Docs oder als Email zur Verfügung stellen.
Digitale Produkte (Apps, Software, Plattformen)
Digitale Produkte wie Apps, Software oder umfangreiche Plattformen sind besonders komplex und umfangreich. Deshalb lohnt es sich nicht, viel Aufwand in die Entwicklung zu stecken, bevor Du nicht weißt, ob sich Deine Kunden und Nutzer überhaupt ausreichend dafür interessieren.
Wie Drew Houston und Arash Ferdowsi von Dropbox könntest Du deshalb zunächst auf Erklärvideos, einen Fake-Door-Test oder Crowdfunding setzen, um Deine Nutzenhypothese zu bestätigen. Im Anschluss an einen erfolgreichen Test könntest Du zunächst auch lediglich eine Single-Feature-App (wie Spotify) anbieten, die lediglich die Kernfunktion Deines Produktes umsetzen kann.

Physische Produkte (Hardware, Konsumgüter, E-Commerce)
Noch risikoreicher ist für Dich als Sologründer natürlich die Verwirklichung von physischen Produkten. Unter Umständen kann ihre Herstellung Unmengen von Geld verschlingen, das Du nicht investieren solltest, ohne zu wirklich sicher sein zu können, dass es dafür auch einen Markt gibt.
Auch hier helfen Dir die zuvor erwähnten MVP wie Erklärvideos, Fake-Door-Tests oder Crowdfunding weiter. Darüber hinaus kannst Du mittlerweile mit 3D-Druck und anderen Technologien Einzelstücke und Kleinserien zu produzieren, die von Early Adoptern im täglichen Leben genutzt werden können. Dieses Vorgehen liefert Dir dann wertvolles Feedback darüber, was Du noch verbessern musst, bevor Du in die Serienproduktion gehst.
Die größten Fehler beim Einsatz eines Minimum Viable Products
Erfahrungsgemäß kommt es beim ersten Einsatz eines Minimum Viable Products zu vorhersehbaren Fehlern und Missverständnissen. Damit Du Dir diese Stolperfallen ersparen kannst, möchte ich Dir noch einige Tipps mit auf den Weg geben, auf die Du achten solltest.
Ein MVP ist kein „unfertiges Produkt“
Ein MVP ist kein halbfertiges oder sogar schlechtes Produkt. Es muss funktional, aber eben minimal sein und die Kernprobleme Deiner Zielgruppe lösen können.
Kurz gesagt: Ein MPV kann nicht alles, aber das, was es kann, kann es hervorragend.
Zu viele Features einbauen
Viele Gründer blasen ihr MVP (trotz besseren Wissens) mit unnötigen Funktionen auf. Häufig liegt das daran, weil sie Angst haben, bei ihren Kunden mit ihrem MVP „abzuprallen“.
Zum einen kann das daran liegen, dass sie sich mit ihrem Minimum Viable Product blind an alle Kunden, wenden, statt potenzielle Early Adopter zu identifizieren. Zum anderen entsteht dieser Fehler, wenn keine klare Hypothese aufgestellt wurde.
Meine Empfehlung an Dich: Nutze die Test Card von Alexander Osterwalder, um Deine Experimente klar zu definieren.
Kein Kundenfeedback einholen
Auch wenn Metriken eine wichtige Rolle im Lean Startup spielen, bleibt die Kommunikation mit Deinen Nutzern und Kunden unersetzlich. Für ein erfolgreiches MVP benötigst Du sowohl quantitatives als auch qualitatives Feedback.

Nutze deshalb jede Gelegenheit, mit Deinen Nutzern Kontakt aufzunehmen und führe zu jedem Test auch User Interview durch.
Zu wenig Experimente
Manche MVP sind zuverlässiger und aussagekräftiger als andere. Nur weil sich viele Menschen auf Deiner Landingpage für Deine Produktidee registriert haben, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass sie das Produkt später auch kaufen werden.
Führe deshalb immer mehrere Experimente mit Deinem MVP durch und erhöhe dabei kontinuierlich Aufwand und Aussagekraft. Wenn Deine Landingpage viele Email-Abonnenten gewonnen hat, starte ein Crowdfunding. Wenn Dein Crowdfunding erfolgreich war, baue einen ersten Prototypen mit Hilfe von 3D-Druck etc.
Zu lange an einem MVP festhalten
Viele Gründer halten gnadenlos an ihrer Geschäftsidee fest, obwohl die durchgeführten Tests mit ihrem MPV zeigen, dass weder die Nutzen- noch die Wachstumshypothese bestätigt werden kann.
Setze Dir deshalb für jedes Experiment ein klares Enddatum und ein Mindest-Ergebnis, das Du erreichen willst. (Auch hierbei hilft Dir die oben erwähnte Test Card von Osterwalder.)
Fazit
Ein MVP ist nicht einfach ein unfertiges Produkt – es ist eine intelligente Methode, um Deine Geschäftsidee mit minimalem Aufwand zu testen. Statt Monate oder Jahre in die Entwicklung eines Produkts zu investieren, das vielleicht niemand will, kannst Du mit einem schlanken MVP schnell validieren, ob deine Idee wirklich Potenzial hat.
Du hast noch Fragen zum MVP oder möchtest Dich zu anderen Lean-Startup-Themen austauschen? Dann tritt unserer Community-Gruppe bei und tausch Dich mit anderen Gründern und Solopreneuren aus!
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