
Mit der Stacey Matrix die richtige Vorgehensweise finden
Als Solo-Gründer bist Du oft in der Situation, schnell entscheiden zu müssen, wie Du ein Problem angehst: Mit kreativen Methoden und Design Thinking oder doch lieber Schritt für Schritt? Die Stacey Matrix hilft Dir dabei, Deine Vorhaben richtig einzuschätzen und die ideale Methode für die Umsetzung zu finden.
Inhaltsverzeichnis
Der Ursprung der Stacey Matrix
Die Stacey Matrix wurde von Ralph Douglas Stacey entwickelt, um Entscheidungsprozesse in Organisationen zu verstehen und besser mit Unsicherheiten und Komplexität umzugehen. Später wurde sie jedoch adaptiert, um passende Methoden für unterschiedliche Herausforderungen auswählen zu können.
Veränderung der Stacey Matrix
Anfang der 2000er Jahre erfuhr die Stacey Matrix eine Umdeutung (manche sagen auch „Verschlimmbesserung“), die nichts mehr mit der ursprünglichen Idee von Stacey zu tun hatte. (Wahrscheinlich verdanken wir diese Umdeutung sogar Ken Schwaber persönlich.) Dadurch entstand das, was heute auch als agile Stacey Matrix bekannt ist.
Mehr zu den spannenden Hintergründen der Stacey Matrix (und welchen Wandel sie durchlief) findest Du im lesenswerten Blogartikel von Frank Habermann auf overthefence.com.
Die agile Stacey Matrix
Die agile Stacey Matrix unterscheidet zwischen Klarheit der Anforderungen (WAS) und Klarheit der Lösung (WIE). Gleichzeitig verwendet die agile Stacey Matrix die Kategorien einfach, kompliziert, komplex und chaotisch aus dem Cynefin Framework, um verschiedene Situationen, in denen Du Dich als Solopreneur wiederfinden kannst, verständlich zu machen.

Einfache Situationen
Einfache Situationen entstehen dann, wenn sowohl Anforderungen als auch die Lösung klar sind. In diesen Situationen brauchst Du also nicht mit vielen Überraschungen zu rechnen. Es ist klar, was zu tun ist und wie Du das Ziel erreichen kannst.
Mögliche methodische Ansätze
- Checklisten
- Schritt-für-Schritt-Anleitungen
- To-Do-Listen
- Fest definierte Prozesse und Abläufe
Komplizierte Situationen
Komplizierte Situationen hingegen sind schon ein wenig umfangreicher und schwerer zu durchschauen als einfache Situationen. Es gibt zwar einige Variablen und Unsicherheiten, aber grundsätzlich ist noch immer eine umfangreiche Analyse möglich (und auch sinnvoll). Meistens brauchst Du zur Lösung auch Expertenwissen.
Mögliche methodische Ansätze
- Klassisches Projektmanagement
- Pläne erstellen
- Umfangreiche Problemanalysen
- Beauftragung eines Experten (oder selbst einer werden)
Komplexe Situationen
Komplexe Situationen sind durch ein hohes Maß an Ungewissheit und viele Variablen gekennzeichnet, die eine vorherige Analyse für Dich unmöglich machen. Entweder sind die Anforderungen oder auch der Lösungsweg unklar. (Oft auch beides.) Deshalb helfen Dir Schritt-für-Schritt-Anleitungen oder umfangreiche Analysen hier nicht weiter.

Mögliche methodische Ansätze
- Agile Methoden
- Design Thinking
- Lean Startup
- Objective & Key Results (OKR)
Chaotische Situationen
Chaotische Situationen entstehen dann, wenn sowohl Anforderungen als auch die Lösung vollkommen unklar sind. Meistens befindest Du Dich dann in einer absoluten Notsituation. In solchen Situationen geht es vor allem darum, als erstes „lebensrettende Sofortmaßnahmen“ einzuleiten und Dir dabei schnellstmöglich einen Überblick zu verschaffen.
Mögliche methodische Ansätze
- Sofortige Maßnahmen und konkretes Handeln
Anwendung der Stacy Matrix
Die Stacey Matrix ist aber nicht nur ein „theoretisches Modell“, sondern kann Dir als Solo-Gründer dabei helfen, Deine Situation bzw. Vorhaben zu bewerten und die dazu passende Vorgehensweise abzuleiten.
Besonders bei der Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells oder beim Design Thinking stellt sich häufig die Frage: „Wie gehe ich mit Unsicherheit und Komplexität um?“ Die Stacey Matrix hilft dabei, diese Frage zu beantworten, indem Du die Klarheit Deines Problems (Anforderungen) und Deines Lösungsansatzes (Vorgehen) bewertest.

Beispiel: Entwicklung eines neuen Produkts
Stell Dir vor, Du möchtest ein neues Produkt oder eine innovative Dienstleistung entwickeln. Aber Du bist unsicher, ob Dein Markt dafür bereit ist und welche genauen Anforderungen Deine Zielgruppe hat. Hier würdest Du Deine Anforderungen (Marktforschung & Zielgruppenanalyse) und die Vorgehensweise (Produktentwicklung und -anpassung) bewerten und entsprechend auf der Stacey Matrix platzieren.
Komplex (hohe Unsicherheit bei Anforderung und Lösung)
Wenn Du sowohl bei der Zielgruppenanalyse als auch bei der Produktentwicklung im Dunkeln tappst, befindest Du Dich im Bereich komplex der Stacey Matrix. In diesem Fall sind agile und explorative Methoden wie Design Thinking besonders hilfreich, um herauszufinden, was wirklich funktioniert. Durch iterative Tests und Feedbackschleifen kannst Du Dich in diesem unsicheren Bereich am besten vorwärtsbewegen.
Einfach (hohe Klarheit über Anforderung und Lösung)
Falls Du das Problem jedoch bereits gut kennst und auch eine klare Lösungsidee hast – etwa weil Du bereits ähnliche Produkte entwickelt hast und Deine Zielgruppe gut kennst – befindest Du Dich eher im Bereich einfach der Stacey Matrix.
In diesem Fall ist ein traditionellerer Ansatz wie klassisches Projektmanagement und ein von dir bereits genutzter Prozess sinnvoller.
Weitere Beispiele
Ähnlich funktioniert die Stacey Matrix auch für alle anderen potenziellen Anwendungsbereiche, wie zum Beispiel die Erstellung einer Homepage oder die Optimierung für Suchmaschinen (SEO).

Einfach (klare Anforderung, klarer Lösungsweg)
Du möchtest eine eigene Homepage erstellen, um Dein Angebot zu präsentieren. Die Anforderungen sind klar: Du brauchst eine Startseite, eine Über-mich-Seite und eine Kontaktmöglichkeit für Deine Interessenten. Der Lösungsweg ist ebenfalls bekannt, weil Du dazu auf Standardtools wie zum Beispiel WordPress zurückgreifen kannst.
Eine Checkliste oder ein einfacher Schritt-für-Schritt-Prozess reicht für Dich aus, um Dein Ziel zu erreichen.
Kompliziert (Anforderungen und/oder Lösungswege sind weniger klar)
Du möchtest Deine Homepage mit einer mehrsprachigen Funktion ausstatten, um international Kunden anzusprechen. Die Anforderungen sind definiert, aber Dein Lösungsweg erfordert deutlich mehr technisches Know-how, das Du vielleicht nicht selbst hast. Hier kann die Zusammenarbeit mit einem Experten oder eine umfangreiche Recherche über mögliche Plugins und technische Implementierung erforderlich sein.
Komplex (Unklare Anforderungen und Lösungswege)
Du möchtest die SEO-Optimierung Deiner Webseite verbessern, aber die Anforderungen sind Dir unklar: Welche Keywords solltest Du nutzen? Welche Optimierungen bringen den meisten Mehrwert für Dich? Gleichzeitig ist der Lösungsweg für Dich nicht offensichtlich, weil es viele denkbare Maßnahmen gibt, die Du umsetzen könntest: Caching & Serverauswahl für die Seitengeschwindigkeit, Auswahl eines geeigneten Themes etc.
In diesem Fall helfen Dir agile Methoden und iteratives Vorgehen: Zum Beispiel kannst Du Keywords recherchieren, Inhalte optimieren, Ladezeiten verbessern und dann die Auswirkungen in Tools wie Matomo oder Google Analytics testen.
Chaotisch (Vollkommen unklare Anforderungen und Lösungswege)
Deine Webseite wird plötzlich gehackt, und Du verlierst Zugriff auf alle Deine Daten. In dieser Situation geht es zunächst nicht darum, strategisch zu planen, sondern direkt zu handeln: Das Einleiten von Sofortmaßnahmen wie das Abschalten der Webseite, das Informieren von Kunden und das Kontaktieren eines IT-Experten stehen stehen an erster Stelle! Erst danach beginnst Du damit, das Problem zu analysieren und Lösungen zu entwickeln.
Design Thinking & die Stacey Matrix
Die Stacey Matrix hilft Dir natürlich auch dabei zu entscheiden, wann bzw. ob Design Thinking für Dein aktuelles Vorhaben sinnvoll ist (oder nicht). Denn die Innovationsmethode hat ihre großen Stärken in komplexen Situationen. Durch iteratives Vorgehen, Ideengenerierung, Prototyping und Tests erreichst Du sowohl über Dein Problem als auch eine potenzielle Lösung mehr Klarheit.
Tatsächlich dient Design Thinking genau diesem Zweck: Der Erzeugung des sogenannten Problem Solution Fits. Der gesamte Aufbau des Prozesses orientiert sich deshalb am Double Diamond, der zwischen Problemraum und Lösungsraum unterscheidet.

Wenn Du Dich hingegen in einem Bereich mit hoher Klarheit (einfach oder kompliziert) oder in einer völlig chaotischen Notsituation befindest, ist Design Thinking nicht die ideale Methode. In diesen Fällen solltest Du Dich stattdessen auf optimierte Prozesse und Standardverfahren konzentrieren bzw. Notfall-Protokolle anwenden.
Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Anwendung der Stacey Matrix
Zum Schluss möchte ich Dir noch eine kleine Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Praxis mit an die Hand geben, damit Du sie in Deinem Gründeralltag bestmöglich nutzen kannst.
Definiere Dein Zielvorhaben
Schreibe auf, was Du erreichen möchtest:
- Beispiel 1: „Ich möchte meine eigene Homepage erstellen, um mein Angebot als Solopreneur sichtbar zu machen.“
- Beispiel 2: „Ich möchte die SEO-Optimierung meiner Webseite verbessern, um mehr Traffic zu generieren.“
Bewerte die Anforderungen (WAS)
Frage Dich, wie klar die Anforderungen Deines Vorhaben sind: Weißt Du genau, was Du brauchst, oder gibt es Unklarheiten?
- Homepage: „Ich weiß genau, dass ich (nur) eine Über-mich-Seite, ein Kontaktformular und eine Angebotsübersicht brauche. Die Anforderungen sind relativ klar.“
- SEO-Optimierungen: „Ich weiß, dass ich besser ranken möchte. Aber mir ist unklar, welche Keywords für meine Zielgruppe wichtig sind und welche technischen Optimierungen erforderlich sind.“
Bewerte den Lösungsweg (WIE)
Überlege Dir, wie klar der Lösungsweg für Dich ist: Gibt es etablierte Prozesse oder Tools, die Du nutzen kannst, oder benötigst Du unkonventionelle Ansätze?
- Homepage: „Ich habe Erfahrung mit einem Homepage-Baukasten wie beispielsweise WordPress, also kenne ich den Lösungsweg recht gut.“
- SEO-Optimierungen: „Ich habe wenig Erfahrung mit SEO und bin mir nicht sicher, ob ich die richtigen Tools wie Google Search Console, Matomo oder Yoast effizient einsetzen kann.“

Ordne Dein Vorhaben auf der Stacey Matrix ein
Bestimme, wo Dein Vorhaben auf der Stacey Matrix liegt:
- Homepage: Klarer Bedarf und klarer Lösungsweg = einfach
- SEO-Optimierungen: Deine Anforderungen sind unklar (welche Keywords, welche Maßnahmen?) und es existieren vielfältige Lösungswege = komplex
Entscheide Dich für eine passende Methodik
Nutze die Einordnung auf der Stacey Matrix, um geeignete Ansätze auszuwählen:
- Einfach (Homepage): Erstelle eine Checkliste mit allen wichtigen Seiten (z. B. Startseite, Über mich, Kontakt) und arbeite sie systematisch ab. Greife auf Standardtools wie WordPress zurück und verwende fertige Designs, um Deinen Prozess zu vereinfachen.
- Komplex (SEO-Optimierungen): Setze auf iterative Ansätze wie kleine Tests & Experimente. Arbeite mit einer Keyword-Recherche, teste verschiedene Inhalte und messe die Ergebnisse, bevor Du umfangreichere Maßnahmen ergreifst. Tools wie Matomo helfen Dir dabei, herauszufinden, was funktioniert und was nicht funktioniert.
Arbeite iterativ
Während Du Fortschritte machst, können sich die Anforderungen oder Dein Verständnis für die Lösung ändern. Es lohnt sich deshalb immer, in kurzen Abständen zu überprüfen, ob Anforderungen und Lösungswege noch klar bzw. unklar sind. Solltest Du feststellen, dass sich Deine Situation zum Beispiel von einfach zu komplex verändert hat (oder umgekehrt), bist Du so in der Lage, Deine Vorgehensweise entsprechend anzupassen.
Fazit zur Stacey Matrix
Mit der Stacey Matrix hast Du als Solo-Gründer ein einfaches Werkzeug zur Hand, das Dir dabei hilft, Deine Situation besser einzuschätzen und die passende Vorgehensweise auszuwählen. Obwohl sie kein „hochwissenschaftliches Tool“ ist und mit der ursprünglichen Idee von Ralph Douglas Stacey nichts mehr gemein hat, unterstützt sie Dich dabei, ein besseres Gefühl für einfache, komplizierte, komplexe und chaotische Herausforderungen zu entwickeln und die beste Vorgehensweise dazu auszuwählen.
Ob Du eine neue Geschäftsidee entwickelst, eine Webseite erstellst oder SEO optimierst: Die Stacey Matrix hilft Dir, Unsicherheiten zu reduzieren und Deine Ziele effizienter zu erreichen.
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