
Lean Startup – schnell lernen & erfolgreich wachsen
70 bis 80 Prozent aller Gründungen & Startups scheitern innerhalb der ersten drei Jahre. Oft liegt das daran, dass Gründer zu lange an unausgereiften Ideen festhalten, ohne sie frühzeitig am Markt zu testen. Genau hier setzt Lean Startup an: Statt blind Zeit und Geld in eine Geschäftsidee zu investieren, die zum Scheitern verurteilt ist, geht es beim „schlanken Gründen“ darum, durch schnelle Experimente und echtes Kundenfeedback herauszufinden, was wirklich funktioniert.
Inhaltsverzeichnis
Die 5 häufigsten Gründe, warum Startups scheitern
Eric Ries, der Erfinder von Lean Startup, nennt in seinem gleichnamigen Buch fünf Gründe, aus denen Startups scheitern:
Gründe und Ursachen | Beispiel |
---|---|
Kein Marktbedarf | Du entwickelst Produkte oder Dienstleistungen, die keine echten Kundenprobleme lösen. In solchen Fällen programmierst Du beispielsweise in monatelanger Arbeit eine neue App, die dann niemand nutzen will. |
Zu frühes Skalieren | Du stellst viele neue Mitarbeiter ein und investierst in großangelegte Werbekampagnen, obwohl Dein Produkt noch gar nicht angenommen wurde. |
Fehlender Fokus auf Lernen | Statt Dich bei Deinen Entscheidungen auf Daten und Kundenfeedback zu stützen, erweiterst Du Dein Produkt oder Deine Dienstleistung um Funktionen, von denen Du nur glaubst, dass sie wichtig für Deine Zielgruppe sind. |
Mangelnder Anpassungswille | Du findest heraus, dass Deine Kunden sich eine digitale App wünschen, hältst aber weiterhin an Deiner ursprünglichen Idee eines physischen Produktes fest. |
Kein Nachhaltiges Wachstumsmodell | Du gewinnst viele Neukunden durch Rabatte, aber Deine Kunden nutzen Dein Produkt trotzdem nicht langfristig und verlassen Dich nach kurzer Zeit wieder. Am Ende verlierst Du also mehr Kunden als Du aktiv hinzugewinnst. |
Grundgedanken im Lean Startup
Als Gründer operierst Du in einem Umfeld extremer Ungewissheit. Im Klartext bedeutet das, dass Deine Geschäftsidee auf einer Reihe unbewiesener Annahmen basiert.
Der Grundgedanke von Lean Startup ist, dass Du zuallererst lernen musst, ob die Annahmen hinter Deiner Geschäftsidee tatsächlich stimmen, bevor Du Zeit, Geld und Aufwand in andere Dinge investierst. Lean Startup betrachtet daher alle Aktivitäten als Verschwendung, die Dir nicht dabei helfen, diese Annahmen zu beweisen.
Aus diesem Grundgedanken leitetet sich auch der Name von Lean Startup ab. „Lean“ bedeutet schlank und im Lean Management wird deshalb zwischen Wertschöpfung und Verschwendung unterschieden.
Die schlanke Gründung fokussiert sich also darauf, zunächst die wichtigsten Annahmen hinter Deiner Geschäftsidee zu validieren und betrachtet alle anderen Tätigkeiten, die Dir dabei nicht helfen, als Verschwendung.
Lean Startup
Annahmen mit Vertrauensvorschuss
Beim Lean Startup betrachtest Du Deine Geschäftsidee deshalb als Annahme mit Vertrauensvorschuss. Das heißt: Natürlich darfst und sollst Du fest an sie glauben und von ihr überzeugt sein. Ob sie jedoch wirklich stimmt, entscheiden letzten Endes Deine Kunden und Nutzer. (Du schießt das Vertrauen, dass Du „richtig liegst“, sozusagen vor.)
Um Dir aber wirklich sicher zu sein, dass Deine Geschäftsidee Dein Vertrauen auch verdient, musst Du vor allem zwei wichtige Annahmen bestätigen: Zum einen die Nutzenhypothese und zum anderen die Wachstumshypothese.
Nutzenhypothese
Bei der Nutzenhypothese dreht sich alles um die Frage, ob Dein Produkt oder Deine Dienstleistung einen echten Nutzen stiftet, sobald Deine Kunden davon Gebrauch machen.
Deine Nutzenhypothese lässt sich also nicht im „luftleeren Raum“ oder unter „Laborbedingungen“ überprüfen, sondern nur dann, wenn echte Nutzer Dein Produkt im wirklichen Leben verwenden.
Wachstumshypothese
Bei der Wachstumshypothese hingegen geht es darum, zu beweisen, dass für Dein Business nachhaltig wachsen wird. Die Wachstumshypothese beantwortet die Frage: Wie entdecken und verbreiten Deine Kunden Dein Produkt oder Deine Dienstleistung?
Wie Du die wichtigsten Hypothesen hinter Deiner Geschäftsidee identifizierst, erfährst Du in meinem Artikel über Assumption Mapping.
Product Market Fit
Sobald Du bewiesen hast, dass Dein Produkt bzw. Deine Dienstleistung einen echten Nutzen bietet (Nutzenhypothese) und nachhaltig wächst (Wachstumshypothese), erreichst Du den sogenannten Product Market Fit. Das ist der Moment, in dem Dein Produkt sich von selbst verbreitet, weil es genau das Problem löst, das Deine Kunden wirklich haben.
3 Grundprinzipien im Lean Startup
Lean Start basiert auf drei einfachen Grundprinzipien:
- Validiertes Lernen
- Minimum Viable Product
- Build-Measure-Learn (Feedback-Loop)

Validiertes Lernen
Beim Lean Startup geht es nicht darum, nachträglich rationale Erklärungen für Dein eigenes Scheitern zu erzählen oder eine gute Geschichte zu erfinden, mit der Du die eigenen Misserfolge „schönreden“ kannst.
Validiertes Lernen ist vielmehr eine systematische Methode, um Deinen Fortschritt sichtbar zu machen. Im Zentrum steht dabei die Suche nach Beweisen für die Richtigkeit Deiner Nutzen- bzw. Wachstumshypothese.
Nach Ries ist dieser Lernprozess für Dich als Gründer oder Solopreneur von so fundamentaler Bedeutung, dass alles andere vollkommen egal ist. Denn jeder (scheinbare) Erfolg, den Du verbuchen kannst, ist unerheblich, solange es Dir nicht gelingt, zu beweisen, dass Dein Produkt einen Nutzen stiftet bzw. Dein Business wächst.
Vanity Metrics vs. Actionable Metrics
Das wichtigste Mittel, um Deine Hypothesen zu beweisen, sind die richtigen Metriken. Ries nennt sie auch aktionsorientierte Metriken (engl. Actionable Metrics), weil sie zum einen eine klare Ursache-Wirkungs-Beziehung besitzen und Dir zum anderen dabei helfen, Entscheidungen (und damit weitere Aktionen) abzuleiten.
Das bedeutet, dass Du Dir sehr viele Gedanken darum machen solltest, an welcher Kennzahl Du insbesondere die Richtigkeit Deiner Nutzen. und Deiner Wachstumshypothese erkennen kannst.

Häufig wählen Gründer jedoch Metriken aus, die zwar „schön aussehen“, aber keinen wirklichen Beleg darstellen. Eric Ries bezeichnet solle Kennzahlen auch als Fassadenmetriken (engl. Vanity Metrics).
Wenn Du zum Beispiel eine App programmierst, dann helfen Dir hohe Downloadzahlen nicht wirklich weiter. Der prozentuale Anteil aktiver Nutzer Deiner App hat nämlich eine viel größere Aussagekraft.
Validierung mit Hilfe der Kohortenanalyse
Im Lean Startup wird deshalb meistens eine Kohortenanalyse genutzt, um die wirklich relevante Metrik identifizieren zu können.
Kohorte (inklusive Metrik) | Art der Metrik | Anteil |
---|---|---|
Downloadzahlen | Fassadenmetrik | 1.000.000 (100 %) |
Registrierung | Fassadenmetrik | 900.000 (90 %) |
Aktivierung | Fassadenmetrik | 500.000 (50 %) |
Aktive Nutzer pro Monat | Aktionsorientierte Metrik (Nutzenhypothese) | 20.000 (2 %) |
Zahlende Abonnenten | Aktionsorientierte Metrik (Nutzenhypothese) | 1.000 (0,1 %) |
Natürlich wirken selbst 20.000 Nutzer pro Monat zunächst beeindruckend. Wenn Du sie aber ins Verhältnis zu den Downloadzahlen setzt, wird schnell klar, dass 98 % (!) aller Downloader die App gar nicht verwenden.
Minimum Viable Product
Um wirkliche Lernfortschritte zu machen, helfen Dir Konzepte und umfangreiche Analysen nicht weiter. Lean Startup geht davon aus, dass nur die reale Nutzung Deines Produktes oder Deiner Dienstleistungen Aufschlüsse darüber zulässt, ob Deine Geschäftsidee wirklich funktioniert.
Dem Lean-Gedanken folgend, produzierst Du deshalb nicht direkt Dein gesamtes Produkt, sondern stellst nur die Funktionen und Merkmale her, von denen Du aktuell glaubst, dass sie Deiner Zielgruppe einen Nutzen stiften. (Alles andere wäre wieder Verschwendung.)
Lean Startup spricht deshalb vom sogenannten Minimum Viable Product (MVP). (Auf gut Deutsch heißt das so viel wie minimal funktionsfähiges Produkt.) Das MVP ist dabei jedoch keine billige, schlechte oder fehlerhafte Version Deines finalen Produktes, sondern ein gezieltes Experiment, um Deine Nutzen- und Wachstumshypothese zu validieren.
Deshalb kann ein MVP je nach Situation und Kontext ganz unterschiedlicher Art sein. Es kann deshalb gut sein, dass Dein finales Produkt letzten Endes ganz anders aussehen wird als Deine bisherigen MVP, mit denen Du lediglich Deine Hypothesen getestet hast.
Beispiel Dropbox
2007 versuchten Drew Houston und Arash Ferdowsi Investoren von ihrem Filesharing-Service Dropbox zu überzeugen. Zwar hatten sie einen funktionierenden Prototypen, aber kein Kapital für ein „echtes Produkt“. Allerdings konnten sie zunächst niemanden von ihrer Idee überzeugen, dass Dropbox einen echten Nutzen stiften würde.
Also stellte Drew Houston kurzerhand ein Video online, dass die Software anschaulich demonstriert:
Das Video war so erfolgreich, dass sich daraufhin mehrere tausend Interessenten meldeten, weil sie Dropbox nutzen wollten. Damit konnten Houston und Ferdowsi beweisen, dass ihre Nutzenhypothese stimmt und sich eine Investition in ihr Startup lohnt.
Die Rolle der Early Adopters
Wichtig für den gewinnbringenden Einsatz eines MPV ist jedoch, dass Du es nicht einfach am Massenmarkt bzw. „mit allen potenziellen Kunden“ testest. Gerade zu Beginn werden Deinem Minimum Viable Produkt sehr viele Merkmale und Funktionen fehlen, die es braucht, um in einem existierenden Markt erfolgreich zu sein.
Das MVP wird deshalb ausschließlich von Early Adoptern genutzt. Diese Nutzergruppe unterscheidet sich massiv von langjährigen Bestandskunden in einem erschlossenen Markt. Denn Early Adopter sind viel eher bereit, neue Ideen und Produkte auszuprobieren, auch wenn diese noch gar nicht marktfähig sind. Early Adopter sind sozusagen in der Lage, sich die noch fehlenden Elemente „vorzustellen“ und dadurch auch viel eher bereit, Fehler zu verzeihen.
Der Build-Measure-Learn-Zyklus im Lean Startup
In der Praxis durchläufst Du beim Lean Startup mit Deinem MVP drei aufeinander folgende Phasen, die Du kontinuierlich wiederholst.
- Du glaubst, mit einer (kleinen) Veränderung oder Erweiterung die Nützlichkeit Deines MVP zu verbessern und baust diese Funktion
- Du überprüfst, ob diese Funktion eine Veränderung Deiner aktionsorientieren Metrik bewirkt.
- Du lernst, ob Deine ursprüngliche Hypothese wirklich eine Auswirkung hat. Falls ja, kannst Du diesen Pfad weiterverfolgen, falls nicht, startest Du Dein nächstes Experiment.
Diesen iterativen Zyklus netnnt Eric Ries Build-Measure-Learn. Dem Lean-Gedanken folgend geht es beim Lean Startup vor allem darum, diesen Feedback-Loop so schnell wie möglich zu durchlaufen.

Echte Entrepreneure fokussieren ihre Energie deshalb vor allem auf die Verringerung der Durchlauftzeit, die der Weg durch diese Feedbackschleife in Anspruch nimmt.
Lean Startup ist deshalb vor allem schnelles Lernen und nicht schnelle Produktentwicklung.
Kurswechsel oder nicht?
Das dritte Grundprinzip im Lean Startup ist der Kurswechsel (im Englischen Pivot genannt). Denn trotz aller Verbesserungen kann es Dir passieren, dass auch Dein kontinuierlich verbessertes MVP nicht die Ergebnisse bringt, die Du für ein erfolgreiches Geschäftsmodell benötigst.
Du kannst also weder beweisen, dass Dein Geschäftsmodell ausreichend Nutzen stiftet, noch nachhaltig wächst. Beispielsweise kann es passieren, dass Early Adopter das Produkt anders als geplant nutzen oder trotz aller Anpassungen die Kernprobleme ungelöst bleiben.
In diesen Fällen musst Du Dein Minimum Viable Product verwerfen und mit einem neuen MVP beginnen. (Das bedeutet nicht, dass Du vollends gescheitert bist, sondern vielmehr, dass Du hinzugelernt hast.)
scamper als Beispiel für einen Kurswechsel
Auch die scamper.community startete ursprünglich als reines Netzwerk für Solo-Gründer, damals noch unter dem Namen NeverGoSolo!
Allerdings habe ich durch ein erstes MVP (und viele Interviews mit Solo-Gründern) herausgefunden, dass sie sich nicht „einfach so“ untereinander austauschen und vernetzen, sondern Vernetzung vor allem wegen eines Lernthemas entsteht. (Die allermeisten Solopreneure vernetzen sich also nur dann, wenn sie sich aktuell intensiv mit einem neuen Thema beschäftigen und nutzen den Austausch vor allem dazu, sich besser fortbilden zu können.)
Deshalb bietet scamper (im Gegensatz zu NeverGoSolo!) Onlinekurse zu Themen wie Design Thinking und Lean Startup an. Viele Gruppen sind deshalb an die Kurse „angeschlossen“ und ermöglichen allen Kursteilnehmern den direkten Austausch untereinander.
Fazit zu Lean Startup
Lean Startup hilft Dir, typische Fehler zu vermeiden, die viele Gründungsideen scheitern lassen. Statt Monate (oder gar Jahre) in eine Idee zu investieren, ohne zu wissen, ob sie funktioniert, setzt Du auf schnelle Experimente, echte Kundenreaktionen und datenbasierte Entscheidungen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, Deine Annahmen frühzeitig zu testen, ein Minimum Viable Product (MVP) zu entwickeln und bei Bedarf einen Pivot zu wagen.
Denn am Ende geht es nicht darum, möglichst schnell ein fertiges Produkt auf den Markt zu bringen – sondern möglichst schnell zu lernen, was Deine Kunden wirklich wollen.
Du hast noch Fragen zu Lean Startup oder nutzt den Ansatz von Eric Ries bereits und möchtest Dich dazu austauschen? Dann tritt unserer Lean-Startup-Gruppe bei und tausche Dich mit anderen Solopreneuren dazu aus!
Kommentare