Eine begeisterte junge Frau vor einem roten Hintergrund zweigt mit zwei Daumen nach oben – ein Sinnbild für die positive Einstellung von Early Adoptern, die neue Innovationen früh ausprobieren und weiterempfehlen.

Warum Early Adopter beim Lean Startup entscheidend sind

Early Adopter sind die ersten Nutzer, die neue Produkte oder Dienstleistungen ausprobieren – oft lange bevor „die große Mehrheit“ sie akzeptiert. Für Dich als Solopreneur oder Startup-Gründer spielen sie eine entscheidende Rolle: Sie helfen Dir, Dein Produkt frühzeitig zu validieren, geben wertvolles Feedback und sorgen durch ihre Netzwerke für mehr Sichtbarkeit.

Doch wie erkennst Du Early Adopter, wo findest Du sie – und wie kannst Du sie gezielt ansprechen? In diesem Artikel erfährst Du, warum Early Adopter so wichtig sind, welche Eigenschaften sie auszeichnen und wie Du sie für Dein Minimum Viable Product (MVP) begeistern kannst. Außerdem zeige ich Dir, welche Fehler Du im Umgang mit ihnen vermeiden solltest und wie Dir später der Übergang zur Early Majority gelingt.

Was sind Early Adopter?

Early Adopter sind die ersten Kunden, die ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung ausprobieren – oft lange bevor der Mainstream sie akzeptiert. Sie sind technikaffin, offen für Innovationen und bereit, neue Lösungen zu testen, selbst wenn diese noch nicht perfekt sind. Für Dich als Solopreneur sind sie häufig entscheidend, weil sie Dir wertvolles Feedback liefern, frühzeitig für Aufmerksamkeit sorgen und darüber hinaus auch noch als Multiplikatoren in ihren Netzwerken agieren können.

Der Begriff Early Adopter stammt aus der sogenannten Diffusionstheorie von Everett Rogers, die beschreibt, wie sich Innovationen in einer Gesellschaft verbreiten. In dieser Theorie werden fünf Gruppen von Nutzern voneinander unterschieden: Innovators, Early Adopters, Early Majority, Late Majority und Laggards. Die Verteilung dieser Nutzergruppen wird oft mit einer Glockenkurve dargestellt:

Jeder Nutzergruppe hat laut der Diffusionstheorie bestimmte Merkmale und einen gewissen Anteil an der Gesamtbevölkerung.

TypMerkmaleAnteil der GesamtbevölkerungBeispielhafte Nutzer
Innovators (Innovatoren)Experimentierfreudig, risikobereit, testen neue Technologien unabhängig von ihrem praktischen NutzenCa. 2,5 %Tech-Enthusiasten, die Prototypen oder Beta-Versionen testen (z. B. erste Bitcoin-Nutzer)
Early Adopter (Frühe Anwender)Erkennen früh den praktischen Nutzen neuer Lösungen, sind Meinungsführer und beeinflussen die breite MasseCa. 13,5 %Erste Nutzer von Airbnb, Tesla oder Dropbox
Early Majority (Frühe Mehrheit)Warten auf erste Erfolgsnachweise, akzeptieren Innovationen, wenn sie sich bewährt habenCa. 34 %Unternehmen, die erst nach Pilotprojekten Cloud-Software einführen
Late Majority (Späte Mehrheit)Skeptisch gegenüber Neuerungen, übernehmen sie erst, wenn sie zum Standard geworden sind und der Veränderungsdruck groß genug istCa. 34 %Unternehmen, die erst nach vielen Jahren Social Media nutzen
Laggards (Nachzügler)Vermeiden Veränderungen, nutzen neue Technologien nur, wenn sie unumgänglich sindCa. 16 %Menschen, die heute noch ein Faxgerät nutzen oder erst spät auf Smartphones umgestiegen sind
Merkmale und Verteilung der Nutzergruppen der Diffusionstheorie

Während die Early Majority ein Produkt erst dann akzeptiert, wenn es zuverlässig funktioniert und von vielen anderen genutzt wird, sind Early Adopter bereit, Risiken einzugehen und zu experimentieren. Sie kaufen nicht wegen perfekter Features, sondern weil sie ein spezifisches Problem gelöst haben wollen. Oft sind sie sogar auf der Suche nach innovativen Lösungen, bevor diese überhaupt existieren.

Beispiele aus der Praxis

  • Airbnb hatte anfangs Schwierigkeiten, Nutzer für seine Plattform zu gewinnen. Die ersten Early Adopter waren Tech-Enthusiasten und Teilnehmer von Events, die eine günstige Übernachtungsmöglichkeit suchten.
  • Dropbox gewann seine ersten Nutzer durch ein einfaches Demo-Video, das das Problem des Datei-Sharings anschaulich erklärte (und von Early Adoptern begeistert geteilt wurde).
  • Tesla profitierte von visionären Kunden, die bereit waren, hohe Preise für ein revolutionäres Elektroauto zu zahlen, obwohl die Infrastruktur für E-Mobilität noch kaum existierte.

Early Adopter sind also nicht nur die ersten Kunden, sondern sehr häufig auch die stärksten Fürsprecher eines innovativen Produkts. Wenn Du sie verstehst und gezielt ansprichts, kannst Du schneller validieren, ob Deine Geschäftsidee wirklich Potenzial hat und die Brücke zur Early Majority schlagen.

Warum sind Early Adopter beim Lean Startup entscheidend?

Im Lean Startup spielen Early Adopter eine zentrale Rolle, weil sie bereit sind, Dein Produkt zu nutzen, obwohl es noch nicht perfekt ist. Dein Minimum Viable Product (MVP) liefert zwar schon einen echten Mehrwert, aber besitzt eben (noch) nicht alle Features, die eine breitere Zielgruppe überzeugen würden. Während die Early Majority ein ausgereiftes, bewährtes Produkt mit stabiler Performance erwartet, sind Early Adopter viel eher bereit, über fehlende Funktionen oder kleinere Fehler Deines MVP hinwegzusehen – solange es ihr Kernproblem löst.

Ehrliches Feedback

Zweitens haben Early Adopter eine hohe Problemlösungs-Orientierung und sehen sich oft selbst als Mitgestalter. Für Dich also Solopreneur bedeutet dass, dass sie Dir ehrliches (und meistens schonungsloses) Feedback geben. Für den Build-Measure-Learn-Zyklus, den Du im Lean Startup durchläufst, ist das eine riesige Chance. Denn es ermöglicht Dir, Dein MVP rasch zu verbessern, bevor Du damit die große Masse ansprichst.

Multiplikatoren

Drittens sind Early Adopter häufig stark vernetzt und tauschen sich in Fachforen, auf Social Media oder in spezialisierten Communities aus. Wenn sie von einer Lösung überzeugt sind, teilen sie ihre Erfahrungen und empfehlen Dein Produkt aktiv weiter. Und das meistens sehr viel wirkungsvoller als jede bezahlte Marketingkampagne, die Du Dir ausdenken (geschweigen denn finanzieren) könntest. Besonders in der Anfangsphase kann das für Dich entscheidend sein, um organische Sichtbarkeit zu gewinnen.

Schnellerer Product Market Fit

Das ultimative Ziel von Lean Startup ist es, ein Produkt zu entwickeln, das perfekt auf Deine Zielgruppe zugeschnitten ist – also den Product Market Fit zu erreichen. Auch hierbei helfen Dir Early Adopter, weil sie echtes Nutzerverhalten zeigen: Welche Features werden genutzt? Was fehlt wirklich? Wo liegt das größte Problem? Ihr direkter Input verhindert, dass Du zu viel Zeit und Geld in unnötige Funktionen investierst.

Ohne Early Adopter besteht für Dich das Risiko, zu früh den gesamten Markt zu adressieren und dann zu scheitern, weil Dein Produkt noch nicht reif genug ist.

Stattdessen solltest Du gezielt auf Early Adopter setzen, um mit geringem Risiko dazuzulernen, Dein Produkt zu verbessern und eine erste engagierte Community aufzubauen.

Early Adopter erkennen

Nicht jeder, der sich für Dein Produkt interessiert, ist auch gleich ein Early Adopter. Um gezielt die richtigen Personen anzusprechen und für Deine Produktidee zu gewinnen, solltest Du deshalb auf bestimmte Merkmale und Verhaltensweisen achten und wissen, wo Du Early Adopter finden kannst.

Ein Mann mit Bart und Brille hält eine Lupe vor sein Auge und schaut neugierig – ein Sinnbild für die Suche nach Early Adoptern, die als erste neue Innovationen entdecken und testen.
Wenn Du weißt, wonach Du suchen musst, ist es gar nicht so schwierig, Early Adopter zu erkennen.

Typische Merkmale von Early Adoptern

Early Adopter zeigen in der Regel klare Verhaltensweisen, die sie von der breiten Masse unterscheiden.

  • Problembewusst und lösungsorientiert: Early Adopter haben ein dringendes Problem und suchen aktiv nach einer neuen, besseren Lösung. Sie warten nicht darauf, dass der Markt ihnen irgendwann etwas vorsetzt, sondern experimentieren mit neuen Technologien oder Methoden.
  • Experimentierfreudig und risikobereit: Sie haben keine Angst vor unfertigen oder nicht perfekten Produkten. Im Gegenteil: Sie sind offen für Beta-Versionen und MVPs, solange diese einen echten Mehrwert bieten.
  • Technik- oder trendaffin: Early Adopter sind oft begeistert von Innovationen und haben Spaß daran, neue Tools oder Technologien auszuprobieren, bevor sie Mainstream werden.
  • Stark vernetzt und meinungsstark: Sie sind häufig in Fach-Communities aktiv, teilen ihre Erfahrungen in Foren, auf Social Media oder Blogs und sind häufig auch Meinungsführer in ihrer Nische.
  • Kaufbereit und investitionsfreudig: Im Gegensatz zur Early oder Late Majority sind Early Adopter oft bereit, Geld für ein neues Produkt auszugeben, wenn es ihr Problem löst – selbst wenn es noch unfertig ist.

Wo findest Du Early Adopter?

Diese Merkmale und Verhaltensweisen kannst Du Dir natürlich gezielt zunutze machen, um Early Adopter für Dein MVP zu begeistern. Denn für gewöhnlich halten sie sich an Orten auf, an denen sie sich über neue Produkte und Trends austauschen.

Spezialisierte Foren und Communities

Zunächst solltest Du herausfinden, ob es im Internet Foren oder Communities gibt, die sich mit Produktideen wie Deinen beschäftigten. Ein Blick auf Plattformen wie Discord, Reddit oder Slack kann dabei sehr nützlich sein. (Allerdings ist der Großteil dieser Plattformen englischsprachig und recht „gaming-lastig“.)

Social Media und Business-Netzwerke

Auch Social-Media-Plattformen wie LinkedIn-Gruppen, YouTube-Kanäle und sogar TikTok sind können ein Tummelplatz für Early Adopter sein. Auch hier musst Du natürlich schauen, in welchem Marktsegment Du mit Deiner Produktidee unterwegs bist und welche Social-Media-Plattformen für Dich relevant sind und welche nicht.

Eine Gruppe junger Menschen hält lachend ihre Smartphones in die Kamera – ein Symbol für Early Adopter, die neue Technologien und Trends auf Social Media entdecken, teilen und verbreiten.
Social-Media-Plattformen können ein echter Tummelplatz für Early Adopter sein.

Beta-Plattformen und Crowdfunding-Seiten

Neben Foren, Communities und Social Media gibt es noch weitere Plattformen, auf denen neue Produkte (und MVPs) geteilt werden und die Du nutzen kannst, um Kontakte zu Early Adoptern aufzubauen. Im englischsprachigen Bereich ist beispielsweise Product Hunt der unangefochtene Platzhirsch. (Im deutschsprachigen Internet ist mir leider keine Alternative bekannt.)

Auch über Crowdfunding-Seiten wie Kickstarter und StartNext kannst Du Kontakt zu Early Adoptern aufbauen. Auch Indiegogo ist einen Blick wert.

Gleichzeitig kannst Du auf diesen Crowdfunding-Plattformen natürlich auch Dein erstes MVP testen!

Meetups, Konferenzen und Hackathons

Neben Onlineplattformen, über die ein regelmäßiger Austausch stattfindet, existieren natürlich auch diverse Veranstaltungen zu innovativen Themen, Tech & Startups, die Early Adopter anziehen. Dazu gehören Veranstaltungen auf Meetup und Hackathons. Auch Barcamps gehören zu dieser Art von Veranstaltungen. (Eine gute Übersicht findest Du auf Barcamp-Liste.de.)

Kontakt zu Early Adoptern aufbauen

Im Großen und Ganzen kannst Du drei aufeinanderfolgende Schritte unternehmen, um einen engeren Kontakt zu Early Adoptern aufzubauen.

Social Listening

Ein Mann in einem roten T-Shirt hält die Hände hinter seine Ohren, als würde er aufmerksam lauschen. Das Bild symbolisiert Social Listening, eine Technik zur Beobachtung von Online-Diskussionen, um die Bedürfnisse von Early Adopters besser zu verstehen.
Durch Social Listening erfährst Du mehr darüber, was Early Adopter bewegt.

Der erste Schritt, um herauszufinden, was Deine Early Adopter bewegt, ist Social Listening. Nachdem Du die für Dich relevanten Social-Media-Kanäle, Plattformen, Online-Communities etc. identifiziert hast, solltest Du Dir dort ebenfalls ein eigenes Konto anlegen und „fleißig mitlesen“.

  • Was bewegt Deine Zielgruppe?
  • Über welche Themen und Herausforderungen tauschen sie sich aus?
  • Welche Produkte nutzen sie aktuell?
  • Welche Trends sind wichtig für sie?

Auf diese Weise erhältst Du einen wertvollen ersten Überblick.

Austausch & Interviews

Im zweiten Schritt solltest Du in den direkten Austausch mit Early Adoptern gehen. Dazu musst Du nicht einmal ein neues Thema beginnen, sondern kannst Dich einfach an bestehenden Diskussionen beteiligen. (Wichtig ist hierbei natürlich, dass Du nicht den Eindruck erweckst, dass Du „nur was verkaufen“ willst.)

Später kannst Du auch gezielt Early Adopter ansprechen und explorative Interviews mit ihnen führen, um Deine Erkenntnisse weiter zu vertiefen.

Einfache MVPs testen

Wenn Du schon einen guten Überblick über die Lebenswelt Deiner Early Adopter gewonnen hast, kannst Du im dritten Schritt dazu übergehen, mit einem einfachen Minimum Viable Product zu überprüfen, ob Deine Produktidee bei ihnen auf fruchtbaren Boden fällt.

Geöffnete Tür in einer weißen Backsteinwand, die ins Nichts führt, dahinter eine zugemauerte Fläche aus roten Ziegelsteinen. Die Darstellung symbolisiert den Fake-Door-Test als Methode zur Validierung eines Minimum Viable Products, bei der Kundeninteresse geprüft wird, bevor das Produkt tatsächlich existiert.
Mit einem Fake-Door-Test kannst Du die Bereitschaft von Early Adoptern testen.

Beispielsweise könntest Du eine Landingpage einrichten, einen Fake-Door-Test durchführen oder eine eigene Crowdfunding-Kampagne auf StartNext ins Leben rufen. Auch auf Barcamps kannst Du eine eigene Session anbieten und so überprüfen, ob sich Menschen finden, die sich für Deine Idee interessieren.

Wenn Du schon ein grundsätzlich funktionierendes Produkt hast, kannst Du Early Adoptern auch einen Beta-Zugang ermöglichen und auf diese Weise in den „Live-Modus“ übergehen.

Risiken und typische Fehler beim Umgang mit Early Adoptern

Wie Du siehst, sind Early Adopter eine wertvolle Zielgruppe für Dein Geschäftsidee. Allerdings darfst Du Dich auch nicht ausschließlich auf sie verlassen. Denn wenn Du später nicht den „Übergang zur breiten Masse“ schaffst, kann das für Dich zum Problem werden. Ein häufiger Fehler ist es, Dein Produkt zu stark auf die Bedürfnisse Deiner Early Adopter zuzuschneiden, ohne zu bedenken, dass die Early Majority ganz andere Erwartungen an Dich hat.

Von den Early Adoptern zur Early Majority

In Crossing the Chasm beschreibt Geoffrey Moore das Problem, dass viele Gründungen in der Kluft (Chasm) zwischen Early Adopters und Early Majority stecken bleiben.

In diesen Fällen wird Dein Produkt zwar intensiv von Early Adopters genutzt, aber Du kannst Dir keine größere Zielgruppe durch die Early und Late Majority erschließen, weil es entweder zu experimentell oder nicht massentauglich ist. Wenn Du ausschließlich auf das Feedback Deiner Early Adopter hörst, optimierst Du Dein Produkt in eine Nische hinein, die für den breiten Markt nicht relevant ist.

Mittelfristig benötigst Du deshalb eine Strategie für den Übergang. Weil die Early Majority viel zurückhaltender und vorsichtiger ist, musst Du vor allem dafür sorgen, dass Du Dein Angebot reifer, stabiler und benutzerfreundlicher gestaltest.

Außerdem wird es gewisse Standard-Features geben, die die Early Majority schlichtweg erwartet. Hierbei handelt es sich um sogenannte Basis- und Leistungsmerkmale, die Du mit Hilfe des Kano-Modells ermitteln kannst.

Auch Dein Marketing spielt eine wichtige Rolle, um die Early Majority für Dich zu gewinnen. Dazu zählen Erfolgsbeispiele oder Fallstudien, die Dir helfen, Skeptiker zu überzeugen. Das Ganze läuft auch unter dem Begriff Social Proof.

Fazit

Early Adopter sind für Dich als Solopreneur oder Startup-Gründer eine unverzichtbare erste Zielgruppe für Dich, wenn Du den Lean-Startup-Ansatz verfolgst. Sie helfen Dir, Dein Produkt zu testen, liefern wertvolles Feedback und können als Multiplikatoren dienen, die Dein Produkt weiterempfehlen. Gleichzeitig darfst Du Dich nicht ausschließlich auf sie verlassen, denn ihre Bedürfnisse unterscheiden sich oft stark von denen der breiten Masse. Früher oder später musst Du Wege finden, wie Du mit Deinem Produkt auch die Early Majority begeistern kannst.

Du hast Fragen zu Early Adoptern oder zu Lean Startup im Allgemeinen? Dann tritt der scamper.community bei und tausche Dich mit anderen Solo-Gründern und Solopreneuren in unserer Gruppe Lean Startup dazu aus und hole Dir Feedback!

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