
Kundeninterviews – So vermeidest Du die Zwillingsfalle!
Kundeninterviews sind eines der wertvollsten Werkzeuge, um Dein Business voranzubringen – aber nur, wenn Du mit den richtigen Personen sprichst. Käufer und Nutzer mögen sich auf den ersten Blick ähneln wie Zwillinge, doch ihre Erwartungen und Herausforderungen unterscheiden sich oft grundlegend.
Wenn Du hier nicht genau hinsiehst, vergleichst Du in Deinen Kundeninterviews Äpfel mit Birnen – und ziehst am Ende die falschen Schlüsse. Je nach Ziel Deines Interviews (Marketing, Produktentwicklung oder Nutzererfahrung) ist es entscheidend, die richtigen Gesprächspartner auszuwählen. In diesem Artikel erfährst Du, wie Du gezielt die Erkenntnisse gewinnst, die Dein Business wirklich weiterbringen.
Inhaltsverzeichnis
Warum Kundeninterviews oft keine (oder falsche) Erkenntnisse liefern
Der Hauptgrund, warum Kundeninterviews oft nicht den gewünschten Nutzen für Dich erzeugen, liegt darin, dass Du vorher nicht klar zwischen Käufern und Nutzern unterschieden hast.
Unterscheide zwischen Käufer und Nutzer
Wenn wir von „Kunden“ sprechen, werfen wir dabei oft zwei (unterschiedliche) Rollen in einen Topf. Denn es gibt so etwas wie einen „magischen Wendepunkt“: der Kauf Deines Produktes oder Deiner Dienstleistung.
Durch den Kauf verwandelt sich Dein Kunde vom Käufer zum Nutzer.
Natürlich ist Dein Kunde immer noch die gleiche Person wie vorher, aber er oder sie wechselt nach dem Kauf in eine andere Rolle. Das, was vor dem Kauf Deines Produktes wichtig war, ist es nach dem Kauf oft nicht mehr. Als Nutzer sind urplötzlich ganz andere Dinge wichtig für Deinen Kunden.

Tatsächlich können Käufer und Nutzer sogar vollkommen unterschiedliche Personen sein. Beispielsweise wenn Eltern (Käufer) ein neues Fahrrad für ihr Kind (Nutzer) kaufen.
Die richtigen Interviewpartner auswählen
Für Dich ist es deshalb überhaupt nicht sinnvoll, „einfach mit Kunden zu sprechen“, ohne Dir genau darüber klar zu sein, was Du mit Deinen Kundeninterviews erreichen möchtest.
Grundsätzlich kannst Du zwei unterschiedliche Strategien verfolgen: Entweder Du möchtest Dein Marketing verbessern oder Du möchtest die Nutzung Deines Produktes optimieren.
Marketing verbessern
Wenn Du beispielsweise Dein Positioning verbessern möchtest, solltest Du Kundeninterviews mit Käufern führen. Grob gesagt sind das alle Menschen, die Dein Produkt oder Deine Dienstleistung (noch) nicht gekauft haben.
Produkt optimieren
Willst Du hingegen die Nutzung Deines Produktes verbessern, führst Du Deine Kundeninterviews mit Nutzern. Also all jenen Menschen, die den Kauf bereits vollzogen haben. (Dazu zählen übrigens auch Menschen, die Dich vielleicht schon wieder verlassen haben sollten.)
Tatsächlich gibt es neben Käufer und User noch einige weitere Rollen, die für Deine Kundeninterviews relevant sein können. Wenn Du hier tiefer einsteigen möchtest, lies meinen Artikel Wie Du die richtigen Interviewpartner auswählst.

Je nachdem für welche dieser beiden Optionen Du Dich entscheidest, drehen sich die Inhalte Deiner Kundeninterviews um ganz unterschiedliche Themen. Und auch wenn beides explorative Interviews sind, haben Deine Gesprächspartner vollkommen unterschiedliche Erwartungen und Wünsche.
Kundeninterviews mit Käufern
Bei Kundeninterviews mit Käufern geht es darum, 5 wichtige Themen besser zu verstehen:
- Was war der konkrete Auslöser, der Deinen Interviewee dazu brachte, sich nach einer neuen Lösung umzuschauen? (Priority Initiative)
- Welche Ergebnisse bzw. welchen Nutzen erhoffte er sich dabei? (Success Factors)
- Welche wahrgenommenen Hürden führten dazu, dass der Kaufprozess ins Stocken geriet oder sogar ganz abgebrochen wurde? (Perceived Barriers)
- Welchen Quellen und Ressourcen vertraute Dein Interviewee auf seiner Käuferreise? (Buyer’s Journey)
- Was waren die Entscheidungskriterien, die sie oder er nutzte, um aus einer Liste von Möglichkeiten die finale Option auszuwählen? (Decision Criteria)
Diese Informationen sind absolutes Gold wert und je besser Du sie verstehst, desto besser kannst Du Deine Marketingmaßnahmen darauf abstimmen.
Mehr zu diesen 5 Elementen erfährst Du in meinen Artikel Wie Du eine wirklich hilfreiche Buyer Persona erstellst.

Mögliche Gesprächspartner für Kundeninterviews mit Käufern
Tatsächlich existiert eine ganze Reihe von Menschen, die Du zu dieser Art von Kundeninterviews einladen kannst. Bestandskunden sind dabei jedoch nur die offensichtlichste Möglichkeit.
Wenn Du genauer darüber nachdenkst, erfährst Du von diesen Interviewpartnern nur relativ wenig Neues. Denn sie haben Dein Produkt ja bereits gekauft und anscheinend hast Du bei ihnen schon alles richtig gemacht. Viel spannender sind deshalb diejenigen Menschen, die sich gegen Dich oder sogar für etwas vollkommen anderes entschieden haben. (Oder gar nichts unternommen haben.)
Bei Kundeninterviews mit Käufern hast Du die Wahl zwischen:
- Menschen, die Dein Angebot gerade erst gekauft haben. (Maximal vor 1 Monat)
- Personen, die Dich in Betracht gezogen, sich dann aber für einen Wettbewerber entschieden haben.
- Menschen, die Dich in Betracht gezogen haben, aber dann alles beim Alten gelassen haben.
- Nichtkunden, die weder Dich noch Deine Wettbewerber in Betracht gezogen, sondern sich für eine vollkommen andere Lösung entschieden haben.
Natürlich wird die Akquise Deiner Interviewpartner umso schwieriger, je weiter unten sie auf dieser Liste stehen. (Ich verspreche Dir aber: Der Mehraufwand lohnt sich!
Kundeninterviews mit Nutzern
Anders sieht es aus, wenn Du Kundeninterviews mit Deinen Nutzern führst. Meistens spricht man dann auch von sogenannten User Interviews. Am häufigsten werden sie im Design Thinking und Lean Startup angewendet.

Im Gegensatz zu Kundeninterviews mit Käufern geht es bei diesen Gesprächen vor allem darum, die Jobs to Be Done (JTBD) Deiner Nutzer besser zu verstehen. Auch hier gibt es 5 wichtige Themen, über die Du mehr herausfinden solltest. Sie unterscheiden sich allerdings deutlich von den Themen bei Kundeninterviews mit Käufern.
- Welche Aufgaben versuchen Deine Nutzer zu erledigen? Wobei möchten sie einen Fortschritt erzielen? (Customer Jobs, JTBD)
- Welche Probleme und Herausforderungen entstehen (durch Dein Produkt) für sie? (Customer Pains)
- Welche Ergebnisse wünschen sich Deine Kunden, wenn sie (mit Deinem Produkt) ihren JTBD erledigen? Wann ist der JTBD für sie gut erledigt? (Customer Gain)
- Unter welchen Umständen und in welchen Situationen führen Deine Kunden ihren JTBD durch? In welchem Kontext geschieht das?
- Wo müssen Deine Kunden auf Workarounds zurückgreifen, weil Dein Produkt bestimmte Funktionen nicht bietet?
Eine Sammlung hilfreicher Fragen, die Du in Deinen Interviews stellen kannst, um all diese Informationen in Erfahrung zu bringen, findest Du in meinem Artikel 41 Fragen für Interviews mit Kunden und Nutzern.
Mögliche Gesprächspartner für Kundeninterviews mit Nutzen
Die Auswahl Deiner Interviewees fokussiert sich bei Kundeninterviews mit Nutzern natürlich vor allem auf Menschen, die Dein Angebot schon verwenden. Allerdings gibt es auch hier einige interessante Zielgruppen, die Du in Erwägung ziehen solltest:
- Nutzer, die Dein Produkt gerade erst gekauft haben.
- Kunden, die Dein Produkt schon sehr lange verwenden.
- Menschen, die Dein Produkt oder Deinen Service seit Kurzem nicht mehr nutzen (und eventuell zu einem anderen Anbieter wechselten).
- Power-User, die Dein Produkt extrem stark nutzen. (Hilfreich beim Positioning)
- Kunden und Nutzer Deiner Wettbewerber, die Dein Produkt oder Service eventuell noch nie genutzt haben.
- Nichtkunden, die weder Deine noch die Angebote Deiner Wettbewerber nutzen, sondern etwas völlig anderes (oder gar nichts).
Ergebnisse Deiner Interviews festhalten
Genauso wie bei Kundeninterviews mit Käufern solltest Du die Erkenntnisse aus Deinen User Interviews mit einer Persona festhalten. Allerdings ist es in diesem Fall keine Buyer Persona, sondern (Du ahnst es bereits) eine User Persona.

Fazit: Dein Ziel bestimmt Gesprächspartner & Themen Deiner Kundeninterviews
Ein gutes Kundeninterview beginnt nicht mit den Fragen, sondern mit der Wahl der richtigen Gesprächspartner. Je nachdem, welches Ziel Du verfolgst, solltest Du gezielt entweder Käufer oder Nutzer befragen. Geht es um Marketing und Positionierung, sind Käufer Deine wichtigste Quelle. Willst Du Dein Produkt oder die Nutzererfahrung verbessern, liefern Dir Nutzer die entscheidenden Einblicke.
Diese Unterscheidung ist essenziell für erfolgreiche Kundeninterviews, denn Käufer und Nutzer haben völlig unterschiedliche Perspektiven und Erwartungen. Nur wenn Du die richtigen Menschen interviewst, bekommst Du Antworten, die Dein Business wirklich weiterbringen.
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